| Nr. 165/09
zu TOP 7: Keine Abkopplung des Wahlalters von der Volljährigkeit
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Wieder einmal beschäftigen wir uns mit der Frage über die Ausgestaltung des Wahlrechtes. Heutige Grundlage ist ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem diese fordern, das Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahre herab zu setzen.
Jugendlichen solle früher ein Recht auf politische Mitbestimmung eingeräumt werden. Sie begründen Ihren Antrag, Frau Heinold, mit der Befürchtung, dass die Interessen jüngerer Generationen zu kurz kämen, weil die Menschen in unserem Lande immer älter und junge Menschen durch den demografischen Wandel zur Minderheit werden. Im Jahre 2050 werde der Anteil der Älteren in der Gesellschaft fast doppelt so hoch sein wie der der Jüngeren.
Wenn es Ihnen also darum geht, Parität anzustreben zwischen älteren und jüngeren Wählern, dann laufen Sie Gefahr, dass Sie bei weiter steigender Lebenserwartung eines Tages einen mobilen Wahlvorstand in Kindertagesstätten einrichten müssen.
Ein fairer Interessenausgleich zwischen den Generationen gelingt auf anderem Wege.
Das Wahlrecht mit 16 hätte in diesem Kontext nur eine billige Alibifunktion.
Sie müssen sich fragen lassen, mit welcher Begründung Sie die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre fordern, und es nicht noch niedriger festlegen wollen. Warum nicht 14, 12 oder 10 Jahre?
Diese Frage zeigt, dass jede Abkopplung des aktiven Wahlalters von der Volljährigkeit meiner Ansicht nach ein Stück weit willkürlich und deshalb letztlich nicht überzeugend ist.
Sie argumentieren außerdem, dass die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen gezeigt habe, dass Jugendliche mit ihrem Stimmrecht sehr verantwortungsbewusst umgehen. Bereits im Folgesatz kritisieren Sie jedoch die geringe Wahlbeteiligung in dieser Altersgruppe.
Ich denke, dass eine große Mehrheit unter den Jugendlichen nicht unbedingt darauf drängt, an den Wahlen zum Landtag teilnehmen zu können. Es gibt dort eine deutlich differenziertere Meinungslage. Viele junge Menschen sind sich gerade der hohen Verantwortung bewusst, die mit der Ausübung des Wahlrechts verbunden ist, und lehnen deshalb auch eine Absenkung des Wahlalters ab.
Andererseits stimme ich Ihnen, Frau Heinold, zu, dass junge Menschen dauerhaft für Politik interessiert werden sollten. Das erfordert aber andere Mechanismen als die bloße Herabsetzung des Wahlalters. Die Bereitschaft Jugendlicher, sich in Schülervertretungen, Jugendbeiräten, kommunalen Jugendparlamenten oder auch in den politischen Jugendorganisationen der Parteien zu engagieren, müssen wir alle nachhaltig fördern. Wir müssen alle unsere Anstrengungen verstärken, um Politikverdrossenheit abzubauen und junge Menschen für politische Themen zu interessieren.
Ich denke, in dem Anliegen der politischen Partizipation Jugendlicher haben wir in diesem Hause auch Konsens. Wann immer es möglich ist, sollten gerade wir als Abgeordnete den Kontakt und das Gespräch mit Jugendlichen suchen. Jungen Menschen sollte dabei allerdings deutlich gemacht werden, dass Rechte auch mit Pflichten einhergehen.
Deshalb ist es aus unserer Sicht logisch und konsequent, das Wahlrecht an das Erreichen der Volljährigkeit zu binden. Erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres sind junge Menschen uneingeschränkt geschäftsfähig und eigenverantwortlich. Durch seine Wahlentscheidung übernimmt jeder einzelne mittelbar Mitverantwortung für das Gemeinwesen. Eine Abkoppelung des aktiven Wahlalters von der Volljährigkeit auf Landes- oder Bundesebene wäre dagegen willkürlich und eine Abkoppelung des aktiven Wahlrechts vom passiven Wahlrecht auch unlogisch und inkonsequent.
Auch im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung und die Beachtung der ihr zugrunde liegenden Wertungen ist die Absenkung des Wahlalters abzulehnen, denn wesentliche Rechtsfolgen sind an die Vollendung des 18. Lebensjahres geknüpft wie die volle Geschäftsfähigkeit und die volle Deliktsfähigkeit. Deshalb ist es richtig, wenn die mit der Ausübung des Wahlrechts verbundene Verantwortung nicht zu einem früheren Zeitpunkt einsetzt als die volle Verantwortlichkeit im privatrechtlichen Bereich.
Der Zusammenhang zwischen der Entscheidungsmacht und der Verantwortlichkeit des Einzelnen ist die Grundlage unserer Rechtsordnung, und zwar nicht nur im Zivilrecht, sondern vielmehr auch bei Fragen, die das Gemeinwesen betreffen. Das Wahlrecht ist nun einmal das zentrale Recht der demokratischen Teilhabe, sozusagen das zentrale „politische Grundrecht“ des Staatsbürgers in der Demokratie.
Der Wähler übernimmt durch seine Entscheidung mittelbar Verantwortung für das Gemeinwesen. Wenn man aber im privaten Bereich erst mit der Volljährigkeit die volle Verantwortung für sein Handeln übernimmt, dann ist es folgerichtig, dass dies auch für die Folgen der Ausübung des Wahlrechts, also des zentralen demokratischen Teilhaberechts gilt.
Der Satz „Wer Rechte haben will, muss auch Pflichten haben“ muss weiter Gültigkeit behalten, und gleichermaßen gilt: Wer entscheiden will, muss auch die Konsequenzen seiner Entscheidungen tragen. Deshalb ist es überzeugend, wenn die Altersgrenze für das aktive Wahlrecht bei Landtagswahlen an die Volljährigkeit geknüpft bleibt.
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Max Schmachtenberg
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