| Nr. 091/09
zu TOP 42: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Im August 2008 erfolgte der erste Spatenstich für das Nordeuropäische Radioonkologische Centrum Kiel (NRoCK) – ehemals Partikeltherapiezentrum – ein Referenzprojekt.
Damit steht fest: Nicht Hamburg sondern Kiel erhält als Alleinstellungsmerkmal im Norden das PTZ. Das UK S-H wird damit international an Ansehen gewinnen, ist mit dem NRoCK Vorreiter in der Krebstherapie, ermöglicht eine exzellente Forschung und schafft qualifizierte Ausbildungs- und Arbeitsplätze.
Dieses Leitprojekt der Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein darf nicht schon vor der geplanten Inbetriebnahme durch schlechte Nachrichten beschädigt werden!
Das muss unser aller Anliegen sein!
Daher ist es verständlich, dass die Pressemitteilung in den Kieler Nachrichten vom 18.10.2008 („Partikeltherapie: Siemens fasst keine neuen Projekte mehr an“) für Irritationen sorgte und der Klärung bedurfte.
Die Entscheidung der Siemens AG, „derzeit“ keine neuen Partikeltherapie-Projekte initiieren zu wollen, ist nachvollziehbar. Wie der Vorstandsvorsitzende der Siemens Healthcare, Peter Löscher, an den Vorstand des UK S-H am 22.10.2008 mitteilte, konzentriere man sich hinsichtlich der Partikeltherapie derzeit auf die erfolgreiche Realisierung der bisher akquirierten Projekte. An der zeitgerechten Fertigstellung der Projekte mit höchster Qualität wird kein Zweifel gelassen.
In weiteren persönlichen und schriftlichen Kontakten zwischen Vorstandsmitgliedern der Siemens AG und Herrn Minister Dr. Marnette wird bestätigt, dass die vertraglichen Verpflichtungen seitens der Projektgesellschaft uneingeschränkt erfüllt werden.
Wenn sich die Siemens AG entschlossen hat, die Akquisition von Neuprojekten bis auf Weiteres einzustellen und ihre Ressourcen voll auf die Realisierung der Projekte in Abwicklung zu konzentrieren, weil die Einhaltung der Kosten- und Terminplanung dieser Projekte erhöhte Anstrengungen notwendig machen, spricht dies für eine verantwortungsvolle Strategie. Diese kommt auch den Vertragspartnern zugute, da damit gewährleistet wird, dass die Erfüllung bestehender Verträge Vorrang vor neuen Projekten hat, was aus Sicht des NRoCK nur begrüßt werden kann.
Die Erforschung neuer Therapiemöglichkeiten und deren Umsetzung haben bekanntlich einen langen Vorlauf. Die gesamte Laufzeit des PPP-Verfahrens inklusive der noch verbleibenden Bauzeit beträgt ca. 29 Jahre. Es ist unwahrscheinlich, dass es in den nächsten Jahren wirtschaftlichere Technologien für vergleichbare Kombianlagen mit dem für Kiel vorgesehenen Patientenvolumina geben wird.
Da die Siemens AG laut Aussage des Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher keinen Zweifel an der Methode der Partikeltherapie für Protonen und Schwerionen hegt, ist vorläufig auch nicht mit bahnbrechenden neuen Therapiemöglichkeiten zu rechnen. Es spricht also viel dafür, die Erfahrungen der Pilotanlage in Heidelberg, die im Frühjahr dieses Jahres eröffnet wird sowie der Anlagen in Marburg und Kiel zu nutzen, bevor man sich neuen Projekten zuwendet.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Landesregierung in Abstimmung mit den UK S-H alle möglichen – vertraglich abgesicherten – Vorkehrungen getroffen hat, das Risiko der technischen Verfügbarkeit einschließlich der Instandhaltungs-, Service- und Optimierungsanforderungen ausschließlich auf den Auftragnehmer zu verlegen.
Es wurde ein PPP-Vertrag abgeschlossen, der beiden Vertragspartnern ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen in Know How und Risikobereitschaft abverlangt, was letztendlich den Geist eines PPP-Vertrages ausmacht.
Mit dem Bündnis zwischen der Siemens AG und dem UK S-H steht für beide Partner viel auf dem Spiel. Kiel ist im übrigen nicht allein betroffen, auch Heidelberg und Marburg sind auf eine zuverlässige Partnerschaft mit der Siemens AG angewiesen, so dass alle Beteiligten ein Interesse daran haben müssten, die Projekte zum Erfolg zu führen!
Das Betriebsrisiko liegt bei der Projektgesellschaft, das Auslastungsrisiko bei der Betriebsgesellschaft, also beim UK S-H.
Um das Auslastungsrisiko gering zu halten, sind alle Akteure im Gesundheitswesen gefordert. Nur dann kann das NRoCK den hohen Erwartungen gerecht werden und einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsversorgung auf höchstem Niveau leisten, um den zunehmenden Krebserkrankungen begegnen zu können.
Ich danke der Landesregierung für den vorliegenden Bericht, der Befürchtungen entkräftet, Zukunftsperspektiven aufzeigt aber auch ehrlich ist, weil ein Restrisiko nicht ganz ausgeschlossen wird.
Wer an Innovationen partizipieren will, braucht auch Mut zum Risiko. „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel