| Nr. 209/08
zu TOP 42: Jeder Form von Extremismus entschlossen entgegen treten
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Es gilt das gesprochene Wort
Ich danke dem Innenminister für den ausgewogenen Bericht. Es wird erneut deutlich, dass wir entschlossen gegen jede Art des Extremismus vorgehen müssen, um den demokratischen Rechtsstaat zu schützen.
Der Verfassungsschutz wird mit dem vorgelegten Bericht seiner Verpflichtung gerecht, über Gefahren für die freiheitliche Grundordnung zu informieren. Gleichzeitig liefert er ein aufschlussreiches Dokument und listet jene Aktivitäten auf, die unsere Gesellschaftsordnung gefährden. Alle demokratischen Kräfte sind deshalb aufgefordert, gemeinsam den Rechtstaat und seine Werte zu verteidigen und dazu alle zur Verfügung stehenden legalen Mittel einzusetzen.
Der Verfassungsschutzbericht macht deutlich, dass wir extremistischen Tendenzen in unserem Land gegenüber nach wie vor wachsam sein müssen. Dies gilt vor allem für Rechtsextreme, die in erheblichem Maße Gewalt ausüben. Dabei sind insbesondere junge Männer, die sich benachteiligt fühlen, anfällig für rechtsradikale Propaganda. Hier müssen wir alle aktiv gegensteuern.
Der Versuch, sich bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit zu positionieren, ist ein neues, durchsichtiges Manöver rechtsradikaler Gruppierungen, um Ängste zu schüren und diese für ihre Ziele auszunutzen. Der nachhaltige Rückgang der Arbeitslosenzahlen, insbesondere bei jungen Menschen, und die erneute deutliche Zunahme an Ausbildungsplätzen in Schleswig-Holstein sind in diesem Zusammenhang besonders erfreulich, weil sie eine konkrete Zukunftsperspektive aufzeigen. Gerade für Jugendliche gilt die wichtige Regel „sozial ist, was Arbeit schafft“. Das entzieht Extremisten den Nährboden für ihre polemische Agitation.
Festzustellen bleibt, dass rechtsradikale Parteien bei den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land weder nennenswerten Zulauf noch irgendeine Chance haben. Die Kommunalwahlergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass die Propaganda der Neonazis in Schleswig-Holstein auf wenig fruchtbaren Boden fällt.
Die Zahl der Rechtsextremisten in Schleswig-Holstein hat sich gegenüber 2006 nur unwesentlich verändert. Der Verfassungsschutz registrierte ca. 1.400 Mitglieder rechtsextremistischer Parteien und Organisationen.
Straftaten, die dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden, sind geringfügig um 14 Prozent auf insgesamt 440 Fälle zurückgegangen. Auch bei den Gewalttaten ist ein Rückgang von 10 Prozent zu verzeichnen. Als beruhigend ist dieser rückläufige Trend dennoch nicht zu bezeichnen, weil die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten immer noch auf einem sehr hohen Niveau liegt.
Einer Abnahme rechtsextremistischer Straftaten steht allerdings eine exakte Verdoppelung linksextremistischer Straftaten gegenüber, und auch die Zahl linksextremistischer Gewaltdelikte ist in 2007 gegenüber 2006 angestiegen und nähert sich der Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten an. Dieser exorbitante Anstieg steht sicherlich auch im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel. Eine Trendwende nach oben ist nach Ansicht des Innenministers zurzeit aus diesen Zahlen nicht herzuleiten.
Besorgniserregend sind in diesem Zusammenhang allerdings Äußerungen des Landessprechers der Linken, der sich im Dezember letzten Jahres nicht in der Lage sah, sich eindeutig von gewaltbereiten Linksradikalen in unserem Land zu distanzieren. Dies verdeutlicht auf erschreckende Weise die Grundeinstellung bedeutender Teile der Linkspartei. Diese Einschätzung wird auch durch den jüngsten Verfassungsschutzbericht des Bundes untermauert. Damit wird unsere Einschätzung bestätigt, dass die Linke kein politischer Partner für demokratische Parteien sein kann, die es mit der Bekämpfung von Extremismus in jeder Form ernst meinen.
Die Gefahren, die vom internationalen Terrorismus und seinem ideologischen Umfeld ausgehen, beeinflussen auch unsere Sicherheitslage. Deutschland ist Teil des europäischen Gefahrenraumes, und verschiedene Strafverfahren haben gezeigt, dass sich auch in Deutschland Terrorstrukturen herausgebildet haben.
Dass islamistische Terroristen auch weiterhin willens und in der Lage sind, in Europa Großanschläge zu verüben, belegen die Festnahmen von Terrorverdächtigen in verschiedenen europäischen Staaten. Die gescheiterten Kofferbomben-Anschläge in Nordrhein-Westfalen, bei denen Kiel als Studienort eines der mutmaßlichen Täter besonders ins Blickfeld rückte, sowie die Warnungen der Sicherheitsbehörden hinsichtlich der bestehenden Anschlagsrisiken bestätigen das Gefährdungspotenzial auf drastische Weise.
Wenn Schleswig-Holstein darüber hinaus bisher nicht berührt war, so hat sich aber die Einschätzung erhärtet, dass es zumindest Personen mit Kontakten in das militante islamistische Spektrum auch hierzulande gibt. Das zeigte sich an zwei Strafprozessen gegen Personen aus Schleswig-Holstein, denen eine Beteiligung am internationalen „Jihad“ vorgeworfen wurde.
Von den über drei Millionen in Deutschland lebenden Muslimen ist nur eine kleine Minderheit islamistischen Strömungen zuzurechnen. Deren Vorstellungen kollidieren allerdings diametral mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Wenn unsere Verfassungsordnung von Islamisten pauschal abgelehnt wird, so gilt dies umso mehr für die individuellen Freiheitsrechte in unserer Gesellschaft. Islamisten sind bestrebt, die Entfaltung der Persönlichkeit, die Meinungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Frau als verabscheuungswürdigen Gegensatz zu ihren eigenen Gesellschaftsmodellen darzustellen.
Islamisten aller Couleur sind sich auch einig im Antisemitismus, in ihrem Hass auf Juden und den Staat Israel. Die in diesem Kontext geäußerte Meinung, der Holocaust sei nur ein Mythos, entspricht übrigens dem gängigen Agitationsmuster des internationalen Rechtsextremismus, womit wir feststellen können, dass es hier sogar zu einer Interessenüberschneidung von Islamisten und Rechtsextremisten kommt.
Insgesamt lag die Zahl der Mitglieder extremistischer Ausländerorganisationen in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr mit ca. 1.700 Personen auf nahezu unverändertem Niveau.
Nur die konsequente Beobachtung, Überwachung und die Erhöhung des Drucks auf diese Gruppierungen kann Extremisten in Schach halten. Dabei ist es wichtig, Rahmenbedingungen sicherzustellen, unter denen der Verfassungsschutz und unsere Ermittlungsbehörden erfolgreich arbeiten können.
Wir dürfen nicht hinnehmen, dass sich verfassungsfeindliche Kräfte – egal welcher Couleur -- hierzulande Freiräume schaffen für gesetzwidriges Handeln.
Abschließend möchte ich mich beim Verfassungsschutz noch für die geleistete Arbeit und den umfangreichen Bericht bedanken und bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel