Peter Lehnert

Peter Lehnert
Landtagsvizepräsident

| Nr. 070/07

zu TOP 3: Ein weiterer wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit in Schleswig-Holstein

Die letzte grundlegende Änderung des Landespolizeirechts liegt bereits 15 Jahre zurück. Seitdem hat sich viel verändert: Inzwischen leben wir in einem Europa der offenen Grenzen. Früher boten Grenzkontrollen relative Sicherheit, heute hat sich die Mobilität von Menschen und Geldströmen ständig erhöht. Auf solche veränderten Rahmenbedingungen müssen wir mit den Möglichkeiten des Schengener Abkommens reagieren, um Gefahren durch neue Formen des Verbrechens besser abwehren zu können.

Kriminalität ist leider professioneller und gewaltbereiter geworden, dies gilt nicht nur für den internationalen Terrorismus, sondern auch in den Bereichen des Menschenhandels und der Zwangsprostitution. Durch die ständige Kommunikationsmöglichkeit über Handy oder Internet ist die Verabredung von Verbrechen und deren Durchführung schneller und einfacher geworden. Die Welt des Internets bringt völlig neue Ausprägungen von Kriminalität mit sich, bei denen räumliche Entfernungen und auch Staatsgrenzen praktisch keine Rolle mehr spielen.

Auf diese veränderten Herausforderungen müssen wir uns einstellen und reagieren. Täten wir es nicht, würden wir grob fahrlässig handeln. Auch wir müssen diese neuen Techniken einsetzen, um Verbrechen zu verhindern und um unsere Vollzugsbeamten besser zu schützen. Damit der wachsame Rechtsstaat mit Hilfe unserer Polizei wirkungsvoll auf solche neuen Anforderungen reagieren kann, werden aber auch zusätzliche Befugnisse benötigt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in der vom Innen- und Rechtsausschuss empfohlenen Fassung gehen wir deshalb einen weiteren wichtigen Schritt zu mehr Sicherheit in Schleswig-Holstein. Jedes einzelne Verbrechen, das dadurch verhindert wird, ist auch gleichzeitig ein Beitrag für einen nachhaltigen Opferschutz.

Es hat - glaube ich - in diesem Parlament selten einen Gesetzentwurf gegeben, der so umfassend diskutiert wurde. So hat es neben den Anhörungen durch das Innenministerium und den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss auch noch zahlreiche Fachgespräche seitens der Fraktionen gegeben, um alle vorgetragenen

Anregungen und Bedenken gewissenhaft zu erwägen und in die abschließende Beschlussempfehlung einfließen zu lassen. Allein der Umfang und der Inhalt der von CDU und SPD vorgelegten Änderungsanträge macht dies eindrucksvoll deutlich.

Dank an den Arbeitskreis Inneres, Recht und Kommunales der SPD-Fraktion – allen voran dem Kollegen Puls – für gute und konstruktive Zusammenarbeit.

Darüber hinaus nutzen wir auch die Spielräume, die uns das Bundesverfassungsgericht einräumt.

Die vorgesehenen Änderungen geben der Polizei konkret die rechtliche Handhabe

- zur sogenannten Schleierfahndung,

- der präventiven Telekommunikations-überwachung,

- der Videoaufzeichnung an Kriminalitäts- und Gefahrenbrennpunkten sowie

- zur Eigensicherung von Polizeibeamten bei Kontrollen.

Letztere ist angesichts des schwierigen und teilweise leider auch gefährlichen Berufs, den diese ausüben, besonders wichtig. Bisher durfte die Polizei das nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass ein Gewaltverbrecher davor zurückschreckt, einen Polizisten anzugreifen, wenn er dabei gefilmt wird.

Darüber hinaus wird eine Rechtsgrundlage zur Erprobung des Kfz-Kennzeichenscannings geschaffen. Neben dem kurzfristigen Platzverweis kann die Polizei in Zukunft gegenüber Störern auch ein längerfristiges Aufenthaltsverbot aussprechen. Personen, von denen besondere Gefahren ausgehen, können aufgrund richterlicher Anordnung zur gezielten Kontrolle ausgeschrieben werden.

Mit diesem Maßnahmenbündel wollen wir den staatlichen Ermittlungsbehörden alle rechtsstaatlich zulässigen Mittel an die Hand geben, um möglichst schon vorbeugend Kriminalität zu verhindern oder aber bereits begangene Verbrechen möglichst umfassend und schnell aufzuklären.

Zur möglichst effektiven Bekämpfung der schweren sowie der organisierten Kriminalität brauchen die Ermittlungsbehörden neben moderner technischer und ausreichender personeller Ausstattung entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen. Alle drei Kriterien bilden die Voraussetzung für ein entschlossenes Vorgehen des Staates gegen das Verbrechen.

Wenn CDU und SPD in einem umfangreichen Sicherheitspaket zahlreiche Maßnahmen miteinander vereinbart haben, so dienen diese dem Ziel, die Menschen in unserem Land noch effektiver vor Kriminalität zu schützen. Dabei gelten selbstverständlich alle rechtsstaatlichen Maßstäbe, die uns durch das Grundgesetz vorgegeben sind. Aber ich sage auch ganz deutlich, dass wir den uns zur Verfügung stehenden Handlungsrahmen voll ausschöpfen wollen.

Ein starker Staat muss gerade das Recht der Schwächeren in unserer Gesellschaft schützen. Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger darf nicht davon abhängig sein, ob man über ausreichend Finanzmittel verfügt, um sich diese Sicherheit über private Dienstleister zu erkaufen.

Wir setzen uns selbstverständlich auch mit den Fragen auseinander, die aus dem Bereich des Datenschutzes an uns heran getragen werden und berücksichtigen sie in angemessener Weise. Datenschutz ist wichtig, geht aber nicht vor Sicherheit.

Bei der Frage der Rechtsgüterabwägung sind wir der Auffassung, dass es kein Recht auf freie und ungestörte Verbrechensausübung gibt. Um Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Freiheit und das Eigentum eines Menschen abzuwehren, muss die Polizei auch konkret handeln können. Wollte man das der Polizei verbieten, dann wäre beispielsweise die Unverletzlichkeit der Wohnung, in der ein Anschlag verabredet wird, ein höheres und schützenswertes Rechtsgut als das Leben der von diesem Anschlag bedrohten Menschen. In einem solchen Szenario stünde unsere Werteordnung auf dem Kopf.

Dabei kommt der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten eine große rechtsstaatliche Bedeutung zu. Deshalb hat auch das Bundesverfassungsgericht wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet.

Dabei ist die besondere Bedeutung der Telekommunikationsverkehrsdaten für eine wirksame Strafverfolgung unter Fachleuten unbestritten. Die Befugnis, nach den §§ 100 g und 100 h der Strafprozessordnung Auskunft von Diensteanbietern über gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten zu verlangen, hat sich in vielen Kriminalitätsbereichen für eine effektive Strafverfolgung als notwendig erwiesen. Zur Aufklärung von Straftaten mit komplexen Täterstrukturen, wie sie für den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität kennzeichnend sind, ist dieses Ermittlungsinstrument unverzichtbar.

Nach Inkrafttreten der entsprechenden EU-Richtlinie wird diese nun in das jeweilige innerstaatliche Recht umgesetzt. In Deutschland sind hierfür im Hinblick auf die Begründung einer Speicherungspflicht und die Festlegung der zu speichernden Datenarten im Wesentlichen Anpassungen im Telekommunikationsgesetz erforderlich. Es ist dabei darauf zu achten, dass sowohl den berechtigten Interessen an einer wirksamen Strafverfolgung als auch dem effektiven Schutz der Grundrechte in ausgewogener Weise Rechnung getragen wird.

Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, dass auch auf Bundesebene weitere Gesetzgebungsinitiativen in Gang gesetzt werden. Für die CDU-Fraktion möchte ich es ausdrücklich begrüßen, dass im Rahmen der Bundesgesetzgebung die Kronzeugen-Regelung wieder eingeführt werden soll. Diese ist insbesondere zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität ein wichtiges Instrument.

Gerade in Bereichen, in denen organisierte Banden, weit überwiegend aus ausländischen Tätern bestehend, Verbrechen an Frauen begehen einschließlich Menschenhandel und Zwangsprostitution, räuberischer Erpressung und Drogendelikten, ist die normale Ermittlungstätigkeit auch mit verdeckten Ermittlern kaum durchzuführen. Deshalb ist eine Kronzeugenregelung dringend erforderlich, um dieser besonders aggressiven und skrupellosen Form der Kriminalität entschlossen entgegenzutreten.

Unser Staat hat die Pflicht und die Verantwortung, die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes umfassend vor Kriminalität zu schützen. Wir sollten daher alle nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zulässigen Mittel anwenden und die berechtigten Hinweise von Polizei, Justiz und Kriminologie aufgreifen.

Deshalb darf es in dieser Debatte nicht nur um ideologiebefrachtete Forderungen aus dem Bereich der Rechtspolitik gehen. Vielmehr müssen auch die dringenden und nachdrücklichen Aufforderungen aus dem Bereich der Ermittlungsbehörden, also aus dem Bereich der Praxis der Verbrechens-bekämpfung mehr politisches Gehör finden als bisher. Dafür haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Sorge getragen.

Die latenten pauschalen Unterstellungen, zusätzliche Befugnisse für die Polizei könnten zu Missbrauch führen, stimmen nicht mit der Lebenswirklichkeit in Schleswig-Holstein überein. Vielen Kritikern geht es dabei scheinbar nur um die Pflege und Kultivierung überholter Klischeevorstellungen und lieb gewonnener Vorurteile. In der Realität haben wir eine Bürgerpolizei, die zu Recht hohes Ansehen in der Bevölkerung genießt. Unsere Polizei verdient vielmehr unser volles Vertrauen für den schweren und mitunter gefährlichen Dienst für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.

Mit der heutigen Beschlussfassung setzen wir ein deutliches Zeichen nicht nur für erweiterte Befugnisse unserer Sicherheitsbehörden, sondern vor allem zur besseren Abwehr und Bekämpfung von Kriminalität.

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Max Schmachtenberg
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