| Nr. 367/08

zu TOP 34: Die kalte Progression im Einkommensteuerrecht muss überarbeitet werden

Es gilt das gesprochene Wort.
Sperrfrist Redebeginn

„Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer“.

So lautet ein gängiges Klischee, das man in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder hört. Scheinbar ist die Richtigkeit dieser Aussage geradezu einen Binsenweisheit.

Aber ist es wirklich so? Oder unterliegen wir damit einer Fehleinschätzung?

Ich bin der Fraktion von Bündnis’90 / Die Grünen dankbar, dass sie diese These mit dem vorliegenden Berichtsantrag einmal hinterfragt hat.

Einschränkend sei gesagt: Manche Fragen scheinen von vornherein in eine bestimmte Richtung abzuzielen. Die Antworten der Landesregierung sprechen jedoch ihre eigene Sprache.

Da ist zunächst die Frage nach dem Anteil geringfügig entlohnter Tätigkeiten an der Gesamtzahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter. Stieg dieser Anteil zunächst bis 2004 kontinuierlich an, ist er in den Jahren 2005 und 2006 konstant geblieben, um dann im Jahr 2007 sogar leicht zu sinken. Dieser Trend widerlegt die Behauptung, dass es immer mehr Menschen gibt, die einer Arbeit nachgehen und trotzdem arm sind. Diese Menschen gibt es sicherlich; aber von einem ungebremsten Wachstum ihrer Zahl kann keine Rede sein. Und materielle Armut ist auch nicht immer nur ein Problem der Einnahmenseite.

Der zweite Bereich, den ich aus dem Bericht der Landesregierung herausgreifen möchte, betrifft die Einkommensentwicklung bei Arbeitnehmern und Selbständigen im Vergleich.

Die Landesregierung führt uns die Zahlen vor Augen: Während das Arbeitnehmerentgelt je abhängig Beschäftigtem zwischen 1996 und 2005 von 30.348 Euro auf 32.480 Euro gestiegen ist, gingen die Betriebsüberschüsse je Selbständigem in unserem Land von 57.460 Euro in 1996 auf nur noch 50.702 Euro in 2005 zurück. Mir scheint es wichtig, darauf auch in dieser Debatte einmal ganz eindeutig hinzuweisen – weil bisweilen ja das Bild vom Unternehmer gezeichnet wird, der in Saus und Braus lebt, während der gemeine Arbeitnehmer von der Hand in den Mund existieren muss. Dieses Bild ist, wie man auch anhand des vorliegenden Berichts belegen kann, nachweislich falsch!

Auch eine tendenziell sinkende Lohnquote widerlegt die Richtigkeit dieser Aussage nicht – sind doch die Einkünfte des gut bezahlten Managers in der Lohnquote enthalten, während die Erträge aus dem Spargroschen des Rentners in die Gewinnquote einfließen.

Noch einen dritten Punkt aus dem Bericht möchte ich herausgreifen: Die Entwicklung der Zahl der Menschen mit mehr als einer Million Euro Jahreseinkommen. Hierzu führt der Bericht der Landesregierung aus, ich zitiere: „Die Anzahl der Einkommensmillionäre bewegt sich im Berichtszeitraum zwischen 1.000 und 1.500; eine Tendenz ist nicht zu erkennen“. So wie also die These nicht stimmt, dass die Armen immer ärmer werden, so stimmt auch das Gegenstück zu dieser Behauptung nicht.

Im Übrigen sei deutlich hinzugefügt: Unsere soziale Marktwirtschaft funktioniert nicht wie ein Nullsummenspiel! So zu tun, als sei der Reichtum des Einen die Ursache für die Armut des Anderen, hat mit der Realität nichts zu tun. Im Gegenteil: Der Reichtum des „Reichen“ verschafft dem „Armen“ Lohn und Brot und lässt ihn so am gesamtgesellschaftlichen Wohlstandswachstum teilhaben. Diese Erkenntnis ist nicht neu – ein Blick in zweihundert Jahre alte Grundlagenliteratur unserer Wirtschaftsordnung kann hier Aufklärung verschaffen.

Eine letzte Passage aus dem aufschlussreichen Bericht der Landesregierung, für dessen Erstellung ich allen Beteiligten herzlich danke, möchte ich an dieser Stelle noch herausgreifen. Sie betrifft das Problem der „Kalten Progression“, die sich aus der Ausgestaltung unseres Einkommensteuerrechts ergibt.

Auch hierzu möchte ich den vorliegenden Text noch einmal zitieren. Dort heißt es: „Im Ergebnis sind insbesondere Steuerpflichtige mit geringem zu versteuernden Einkommen in hohem Maße von den Konsequenzen der kalten Progression betroffen. Für sie führt ein Einkommensanstieg zu einem deutlich überproportionalen Anstieg der individuellen Steuerbelastung. Steuerpflichtige mit hohem zu versteuernden Einkommen sind dagegen kaum von der kalten Progression betroffen“.

Was können wir aus dieser Erkenntnis lernen? Der Staat muss seine eigenen Hausaufgaben hinsichtlich einer gerechteren Einkommensverteilung zumindest bei der Ausgestaltung des Steuerrechts noch machen. Die Realisierung von flacheren und faireren Tarifen, verbunden mit der Streichung von Ausnahmetatbeständen und Steuerschlupflöchern, bleibt eine politische Herkulesaufgabe für die kommenden Jahre. Gerade Menschen mit geringerem Einkommen haben hieran ein Interesse! Arbeiten wir daran, dies in der politischen Debatte besser als in der Vergangenheit zu vermitteln!

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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
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