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zu TOP 30: Der Landtag ist kein Gericht

Es gilt das gesprochenen Wort
Sperrfrist Redebeginn

Mal wieder haben wir es mit einem sehr originellen Antrag der Grünen zu tun: Laufzeitenverlängerung von Atomkraftwerken oder – wie es richtig heißt – Ausweitung der Reststrommengen. So einen ähnlichen Antrag hatten wir schon im Januar – und richtig: Bereits damals haben wir Ihre Forderung, einer Änderung des Atomgesetzes im Bundesrat nicht zuzustimmen, abgelehnt. Jetzt raten Sie mal, liebe Kollegen Habeck und Matthiessen, wie wir diesmal abstimmen werden. Sie werden aus allen Wolken fallen. Aber mal im Ernst: Wollen Sie alle halbe Jahre immer die gleichen Anträge stellen? Das halten Sie doch nicht durch. Das wird selbst Ihnen doch irgendwann auch zu langweilig sein. Und außerdem ist dies ein sehr verzweifelter Versuch, Geschäftigkeit zu dokumentieren. Dafür brauchen Sie eigentlich nur einen Mitarbeiter, der Copy-and-Paste beherrscht. Wenn wir also an die Fraktionskostenzuschüsse gehen sollten, können wir bei Grünen richtig sparen!

Nun aber zum Antrag: Lassen Sie mich zu Beginn ein paar Worte zur Beschlussvorlage verlieren. Wir, der Schleswig-Holsteinische Landtag, sollen feststellen, dass „eine Zustimmungspflicht des Bundesrates zu einer Änderung des Atomgesetzes mit einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken besteht“. Ich finde, dass ist eine bemerkenswerte Formulierung. Lieber Dr. Habeck, haben Sie den paar Juristen in Karlsruhe schon mitgeteilt, dass sie eigentlich überflüssig sind? Jetzt, da der Schleswig-Holsteinische Landtag Bundesverfassungsgericht spielen soll, können wir den Laden in Karlsruhe doch dicht machen. Aber ich warne Sie, liebe Kollegen von den Grünen, das zählt dann nicht als Einsparvorschlag zur Haushaltskonsolidierung. Denn sparen würde hier nur der Bund.

Aber jetzt noch mal im Ernst: Sie können doch nicht etwas feststellen, was gar kein Fakt ist! Vielleicht wird es so sein, vielleicht aber auch nicht. Die einen Gutachter sprechen sich dafür, die anderen Gutachter – wie Rupert Scholz – sprechen sich gegen eine Zustimmungspflicht aus. Aber das haben wir nicht zu entscheiden. Allein deshalb ist der Antrag in keiner Weise zustimmungsfähig. Es gibt allerdings auch weitere Gründe, die gegen den Antrag sprechen.

Ich kann es nur noch einmal betonen: Die Kernenergie ist das Rückgrat der norddeutschen Energieversorgung. Gemeinsam mit den Erneuerbaren Energien, mit der Kohle- und Gasenergie muss sie Bestandteil in jedem vernünftigen Energiemix sein. Dadurch wird die Versorgungssicherheit gewährleistet und der kontinuierliche Anstieg der Energiepreise gedämpft. Davon profitiert die Wirtschaft, davon profitiert das energieintensive Gewerbe. Davon profitiert aber auch die Familie.

Und an dieser Stelle werde ich auch noch einmal betonen: Sicherheit steht an erster Stelle! Ein unsicheres Kernkraftwerk wird nicht wieder angefahren. Umso mehr erfreut es mich, dass der Justizminister im Wirtschaftsausschuss deutlich gemacht hat, dass Vattenfall beim Kernkraftwerk Krümmel alle Hebel in Bewegung setzt, um die strengen Auflagen des Ministeriums zu erfüllen. Ich denke, dass hier ein deutlicher Lernprozess des Konzerns zu erkennen ist. Wenn dann alle Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betreibers ausgeräumt sind, steht der Ausstellung der weiteren Betriebserlaubnis nichts im Weg.

Natürlich stellt sich die Frage, ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen muss. Ich habe vor einem halben Jahr gesagt, dass ich nicht davon ausgehe. Und dazu stehe ich nach wie vor. Im Gegensatz zu den Grünen sehe ich mein Statement aber nicht als Richterspruch. Nur kann ich mir nicht vorstellen, warum eine moderate Ausweitung der Reststrommengen zustimmungspflichtig sein sollte, die viel weitergehende Gesetzesänderung von Rotgrün aus dem Jahr 2002 es aber nicht sein soll. Sie können es wenden, wie Sie wollen, finanziell – und das ist ja das Argument der Juristen – wird sich der Beschluss von Rotgrün auf das Land viel deutlicher auswirken – und zwar negativ. Also entweder ist bei beiden Änderungen eine Zustimmungspflicht vorhanden oder bei keinem der beiden. Im ersten Fall wäre die Änderung von 2002 hinfällig. Mit beiden Varianten könnten wir als CDU-Fraktion und ich persönlich als betroffener Wahlkreisabgeordneter gut leben.

Aber auch die Befürworter der Erneuerbaren Energien, von denen ich einer der größten bin, sollten damit gut leben können. Denn die Position, die sich hier hartnäckig hält, dass die Kernenergie den Ausbau der Erneuerbaren Energien behindert, ist schlicht und ergreifend falsch. Wind- und Solarenergie sind noch weit davon entfernt, grundlastfähig zu sein. Wir haben dafür einfach noch nicht die Netze und die nötigen Speichertechnologien. Das ist ein Faktum! Die Diskussionen werden hierzulande vorwiegend emotional und überhitzt geführt, ohne dabei sachliche Argumente vorurteilsfrei zu bewerten und zu berücksichtigen.

Und hier kommt die Kernenergie ins Spiel. Sie sorgt dafür, dass die Grundlast abgedeckt wird, während der Ausbau der Erneuerbaren Energien voranschreitet. Und da das alles noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird, ist die Ausweitung der Reststrommengen auch so wichtig. Und damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Ich halte es mit Bundesumweltminister Röttgen, der völlig zu Recht gesagt hat, dass bei der Ausweitung der Reststrommengen die Devise lauten muss: So lange wie nötig! Und nicht: So lange wie möglich. Ich habe jedoch das Gefühl, dass der Zeithorizont von vielen bewusst oder unbewusst völlig falsch eingeschätzt wird. Die Länge der Brücke ist entscheidend, um das andere Ufer zu erreichen.

Zum Schluss möchte ich erneut mahnend den Finger heben. Ich habe eingangs die hohen Kosten für die Verbraucher durch das EEG erwähnt. Ich warne davor, diesen Effekt zu unterschätzen. 2 ct/kWh zahlt schon heute jeder Stromkunde für die Erneuerbaren Energien. 7,5 Milliarden Euro müssen alle Stromkunden dafür im Jahr aufwenden. In sechs Jahren wird sich dieser Wert nach Einschätzung mehrerer Fraunhofer-Institute nahezu verdoppeln. Der Spitzenwert wird aber erst zwischen 2020 und 2030 erwartet. Ich befürchte, dass der damit einhergehende Preisanstieg die Akzeptanz der Erneuerbaren Energien gefährden wird. Verbraucherschützer warnen schon heute davor. Insofern sind wir langsam an einem Punkt angelangt, an dem wir uns von neuen und immer tollkühneren Wachstumszahlen bei den Erneuerbaren Energien verabschieden müssen. Den Ökostromanteil bis 2020 auf fast 40 % zu prügeln, ist einfach nur brutal und unrealistisch. Aus der Wissenschaft wird Ihnen hierzu mehr als nur Skepsis entgegenschlagen.

Wir brauchen verantwortliches Handeln bei der Organisation des zukünftigen Strommixes. Ideologische Scheuklappen stören hierbei nur. Insofern kann ich Sie alle nur auffordern, diese abzulegen und den Weg der Vernunft zu gehen. Wir werden den Antrag ablehnen.

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Pressesprecher
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel
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