Tobias Koch
Fraktions­vorsitzender

| Nr. 507/14

zu TOP 25: Albigs Austausch des Staatssekretärs ist angesichts der anstehenden Entscheidungen bei der HSH-Nordbank fahrlässig

Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ausnahmsweise mit einem Zitat aus meiner eigenen Pressemitteilung vom 10. April dieses Jahres beginnen. In der Überschrift hatte ich damals formuliert: Dies ist das Jahr der Entscheidung für die HSH Nordbank.

Gemeint waren schon damals die in diesem Herbst anstehenden Prüfungen der EZB, nämlich der Asset Qualitiy Review und der anschließende Stresstest. Hinzu kommt die nach wie vor ausstehende Entscheidung der EU-Kommission über die beantragte Garantieaufstockung. Jetzt steht die Veröffentlichung von AQR und Stresstest unmittelbar bevor. Spätestens in zwei Wochen dürfte hier Klarheit herrschen. Wenn man nun im Vorfeld dieser wichtigen Entscheidung mit Bankenvertretern spricht, dann hören sich die Aussagen überall ähnlich an: Man sei gut gerüstet und verfüge über eine ausreichende Kapitalquote. Betont wird aber gleichermaßen auch die Unsicherheit über das jetzt von der EZB vorgegebenen Verfahren und dessen Ausgang.

Wie wird mit Immobilienkrediten umgegangen, für die keine externen sondern ausschließlich bankinterne Ratings vorliegen, wie es in Deutschland üblich ist? Welches ist der richtige Ansatz bei der Bewertung von Schiffen? Wird bei der HSH Nordbank die vorläufig genehmigte Garantieaufstockung berücksichtigt oder nicht? Um nur einige Beispiele zu nennen. Bis in die letzten Tage hinein konnte man zudem verfolgen, wie die genauen Modalitäten Gegenstand von Verhandlungen zwischen Regierungen, Bankenaufsicht und EZB gewesen sind.

Zum heutigen Zeitpunkt Aussagen über das Ergebnis des EZB Stresstests bei der HSH Nordbank zu machen, wäre deshalb nichts anderes als Kaffeesatzleserei. Genau wo wenig wäre es angebracht, ohne nähere Kenntnisse über ein mögliches Scheitern der HSH im Stresstest zu spekulieren. Die CDU Fraktion wird sich hieran jedenfalls nicht beteiligen!
Fakt ist allerdings, dass die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein noch bis Mitte nächsten Jahres mit Bürgschaften von über 20 Mrd. Euro für die HSH Nordbank gerade stehen. Hinzu kommt das Garantievolumen von 7 respektive 10 Mrd. Euro. Der Ausgang des Stresstest hat damit nicht nur für die HSH Nordbank sondern auch für den Landeshaushalt herausragende wenn nicht sogar existenzentscheidende Bedeutung! Sollte der Fall der Fälle eintreten, dann ist akutes Krisenmanagement gefordert, um diese Bedrohung für den Landeshaushalt abzuwenden. Keine andere Frage ist für die Zukunft Schleswig-Holsteins so entscheidend wie diese!

Und was macht die Landesregierung in dieser Situation? Sie wechselt wenige Wochen vor dem alles entscheidenden Datum den Finanzstaatssekretär aus! Wenn man sich den Lebenslauf von Thomas Losse-Müller anschaut, dann ist eins ganz klar: Er wurde beim Regierungswechsel nach Kiel geholt, um mit seiner beruflichen Erfahrung im Bankenbereich genau das kritische Thema HSH Nordbank abzudecken und der Finanzministerin hier den Rücken freizuhalten.

Er ist es, der die Landesregierung im Aufsichtsrat vertritt, er war für die Garantieaufstockung im vergangen Jahr federführend verantwortlich und er hat bis zu seinem Wechsel in die Staatskanzlei auch die jetzt anstehenden Prozesse gemanagt. Zu den Ergebnissen des HSH Untersuchungsausschusses in der vergangenen Wahlperiode gehörte die Erkenntnis, das eine Ursache für die Krise der HSH Nordbank der Personalwechsel in den Vorstandsressorts gewesen ist: Fehlende Kontinuität, zwischenzeitliche Vakanzen und die Übernahme von Mehrfachfunktionen hatten vor und während der Finanzmarktkrise verhängnisvolle Konsequenzen für die Bank.

Sehenden Auges macht die Landesregierung jetzt den gleichen Fehler. Bei der Reise nach Jerusalem im Kabinett blieb zunächst ein Platz unbesetzt - und das war ausgerechnet der Posten des für die HSH Nordbank zuständigen Staatssekretärs im Finanzministeriums.
Natürlich werden Sie jetzt argumentieren: Herr Losse-Müller bleibe zunächst als Vertreter des Landes im HSH Aufsichtsrat und er werde sich übergangsweise weiter um dieses Thema kümmern. Und im übrigen hätten Sie jetzt ja einen Nachfolger gefunden, der am 20. Oktober sein Amt antrete.

Während sich also der Chef der Staatskanzlei in seine neue Aufgabe einarbeitet und die Mängel in der Regierungsarbeit abstellt, und während der neue Finanzstaatssekretär seine ersten Arbeitstage absolviert, sollen beide irgendwie gemeinsam eine mögliche erneute Krise bei der HSH Nordbank managen. Die Finanzministerin hat dazu im Finanz-ausschuss erklärt: Es sei ihr nicht leicht gefallen, ihren Finanzstaatssekretär abzugeben, aber sie habe aufgrund von übergeordneten Überlegungen schließlich zugestimmt. Mit anderen Worten: Parteipolitische Gründe oder - noch deutlicher - der Machterhalt der Rot-Grün-Blauen Koalition wurden bei dieser Personalie über die Sacharbeit und über die Interessen des Landes gestellt. Damit Herr Albig tragen Sie - genau wie bei ihrem persönlichen Eingreifen in das Lehrkärftebildungsgesetz - die alleinige Verantwortung für die kommenden Ereignisse.

Schleswig-Holstein geht aufgrund ihres Handelns in der denkbar schlechtesten Verfassung in diese kritische Phase. Und das reden sie auch nicht weg, Herr Albig, wenn sie den neuen Finanzstaatssekretär mit noch so kreativen Superlativen betiteln - auch für den tollsten Finanzstaatsekretär aller Zeiten ist diese von Ihnen geschaffenen Situation eine absolute Zumutung. Und für unser Land sowieso!


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