Hartmut Hamerich (ehemaliger Abgeordneter)

Hartmut Hamerich (ehemaliger Abgeordneter)
Europa, Maritime Wirtschaft, Wald und Forst

| Nr. 155/11

zu TOP 23: Der Antrag der Grünen ist untauglich

Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn

Wir haben am Mittwoch eine große energiepolitische Debatte geführt und alle Fraktionen haben sich grundsätzlich darauf verständigt, schneller aus der Kernenergie auszusteigen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Dadurch, aber auch durch den Ausbau des Leitungsnetzes, werden erhebliche finanzielle Belastungen auf den Privatverbraucher und die Wirtschaft zukommen. Das lässt sich weder vermeiden, noch wegdiskutieren. Spätestens jetzt, lieber Kollege Matthiessen, wäre ein guter Zeitpunkt, diesen Antrag zurückzuziehen. Denn die schriftliche Anhörung hat verdeutlicht: Ihr Antrag ist verbraucherfeindlich, klimaschädlich und kartellrechtlich bedenklich.

Worum geht es eigentlich? Derzeit profitieren Gaskunden durch den Wettbewerb immer stärker von den Sondervertragskonditionen. Demnach wird nur eine geringe Konzessionsabgabe von 0,03 Cent/kWh erhoben, was sich natürlich positiv auf den Gaspreis auswirkt. Die Grünen wollen jedoch eine Verbrauchsgrenze einführen, unter der Gaskunden als Tarifkunden eingestuft werden. Das bedeutet dann mal eben eine Vervielfachung der Konzessionsabgabe und damit automatisch ein Anstieg der Gaspreise. Zugegeben: Die Kommunen würden sich darüber freuen. Letztendlich haben wir hier einen Zielkonflikt. Niedrigere Gaspreise stehen den finanziellen Interessen der Kommunen gegenüber.

Wir müssen uns jetzt die Frage stellen: ist die Konzessionsabgabeverordnung Gas das richtige ordnungspolitische Mittel, um die Kommunalfinanzen zu sanieren? Da sagt die CDU-Fraktion ganz klar nein. Es gibt andere Wege, die deutlich transparenter sind, wie zum Beispiel eine Gemeindefinanzreform.

Dass wir mit unserer Meinung nicht alleine sind, zeigt die Anhörung im Wirtschaftsausschuss. Die einzigen Befürworter dieser Initiative sind – wen mag es wundern – die Gemeinde- und Stadtwerke bzw. die Gemeinden selbst. Überraschenderweise wurden die örtlichen Versorger in der persönlichen Liste des Kollegen Matthiessen als neutrale Anzuhörende eingestuft, weshalb deren Stellungnahme besonders zu berücksichtigen sei. Das Gleiche gelte für den Landesrechungshof, der etwas eindimensional nur die Kommunalfinanzen im Blick hat.

Etwas differenzierter äußert sich beispielsweise das Handwerk. Es sieht zwar die Notwendigkeit, die Kommunalfinanzen zu sanieren, lehnt die Vorgehensweise der Grünen aber ab. Es sei „nicht der richtige Weg.“ Es bedürfe vielmehr „eines übergeordneten Ansatzes“. Ähnlich äußert sich die IHK Schleswig-Holstein. Der BDEW sieht ferner die Gefahr „einer Erhöhung des wettbewerblichen Gaspreisniveaus“ und damit eine „Belastung der Endverbraucher“. Außerdem führe es „zu einer Benachteiligung des klimafreundlichen Energieträgers Gas im Vergleich zu anderen Energieträgern wie z.B. Heizöl“. Den deutlichsten Hinweis erhielten die Grünen allerdings vom Bundeskartellamt. „Erhebliche Bedenken“ formulierten die Fachbeamten aus Bonn. Nach dem Prinzip „raising rivals’ costs“ könnten „Drittlieferanten bei der Belieferung von Letztverbrauchern mit Gas behindert“ werden. Der Wettbewerb würde leiden, was kartellrechtlich nicht zu vertreten sei. Da war es schon ein Akt der Verzweiflung und auch etwas bizarr, als der Kollege Matthiessen im Ausschuss versuchte, den Wirtschaftsminister für seine Position einzunehmen. Aber der kann sich ja gleich selbst verteidigen.

Aufgrund dieser Anhörung kann man zu keinem anderen Schluss kommen, als den Antrag der Grünen abzulehnen. Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses.

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