| Nr. 444/07
zu TOP 21: Weg von fehlgeleiteten Umwegsubventionen
Freigabe: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist typisch für die meisten Steuerdebatten, die in den vergangenen Jahren geführt wurden:
Die Ursachen für Fehlentwicklungen werden kaum hinterfragt, die Symptome von Fehlentwicklungen nur halbherzig bekämpft.
Mit diesem Antrag wird der Antragsteller der grundsätzlichen Bedeutung der Debatte kaum gerecht. Eine Debatte, die vor etwa fünf Wochen öffentlich geführt wurde, an der sich Minister Wiegard zwar beteiligt, die er aber nicht ausgelöst hatte. Ausgelöst wurde die Debatte durch die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks, die sich sehr kritisch mit der Umsatzsteuerermäßigung auseinandergesetzt hat.
Sie tat dieses auf der Grundlage einer Studie vom ZEW – Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung – die vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegeben wurde und dort schon, drei Jahre im Regal gelegen hatte. Diese Studie geht unter anderem der Frage nach, ob die steuerlichen Subventionen in Form des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auch tatsächlich diejenigen erreicht, die der Gesetzgeber mit seiner Gemeinwohl-Orientierung erreichen will.
Das Ergebnis dieser Studie ist mehr als ernüchternd:
Danach sind die Verteilungswirkungen der Umsatzsteuerermäßigung eher gering und liefern keine starke Rechtfertigung für die Differenzierung des Umsatzsteuersatzes. Im Klartext, die Vergünstigungen kommen kaum beim Endverbraucher an! Vielmehr werden Wirtschaftsbranchen begünstigt, die steuerlich subventionierte Produkte und Dienstleistungen erstellen.
Es sind drei Feststellungen zu treffen:
1. Die Wirkung des ermäßigten Umsatzsteuerrechts geht weitgehend ins Leere.
2. Es wird nicht das Gemeinwohl subventioniert, sondern einzelne Branchen und Wirtschaftszweige.
3. Der Gesetzgeber kann nicht sicherstellen, dass die Umsatzsteuerersparnis über den Preis auch tatsächlich an den Endverbraucher weitergeleitet wird.
Deshalb muss diese Regelung insgesamt in Frage gestellt werden – nicht nur einzelne Komponenten!
Wir müssen weg von fehlgeleiteten Umwegsubventionen in Höhe von 21 Mrd. Euro über den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Wir brauchen stattdessen direkte Finanzhilfen. Das Geld muss dort zielgerichtet hinfließen, wo man auch tatsächlich subventionieren muss (Kinder, Ausbildung, oder Geringverdiener).
Dies alles ist nicht neu. In ähnlicher Form nachzulesen im Plenarprotokoll vom November 2005 in den Reden von Rainer Wiegard und mir.
Auch wenn wir wissen, dass zur Zeit eine Reform des Umsatzsteuerrechts nicht auf der bundespolitischen Agenda für den Rest der Legislaturperiode steht, sollte der Finanzausschuss diesen Antrag der Grünen vertiefend beraten.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel