| Nr. 515/13
zu TOP 21 und 49: Jetzt wissen wir, dass wir nichts wissen!
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Ich danke den Piraten für ihre Große Anfrage zur Lehrersituation und zur Lehrerbedarfsprognose. Mein Fazit vorweg: Jetzt wissen wir, dass wir nichts wissen! Der heute ebenfalls vorgelegte Bericht zur Unterrichtssituation im Schuljahr 2012/13 weist zum ersten Mal ein strukturelles Defizit zwischen den zugewiesenen Planstellen und einer 100 %igen Unterrichtsversorgung aus.
Das will ich ausdrücklich loben, weil wir für eine konsequente Personalplanung auch ehrliche Zahlen brauchen. Was allerdings schon verwunderlich ist, Frau Ministerin, ist die Tatsache, dass Sie im letzten Jahr ein strukturelles Defizit von 1250 Planstellen verkündet haben und ihr Bericht ein Defizit von genau 1114 Stellen ausweist. Wenn man das mal in Bezug auf die Beantwortung der Großen Anfrage stellt, dann fragt man sich doch, wie wollen Sie dieses Defizit überhaupt ausgleichen. Die Antwort darauf findet man in Ihrem ausgewiesenen Stellenabbaupfad. Sie wollen nämlich jährlich 365 Stellen abbauen. Wie kommen Sie aber eigentlich auf diese Zahlen? An den Schülerzahlen können sie sich ja nicht orientiert haben, deren Abnahme ist nämlich nicht gleich bleibend, sondern schwankend. Hinzu kommen 8,5% der Planstellen, die nicht ankommen. Das waren für das letzte Schuljahr 1921,5 Lehrerstellen.
Wir fragen uns: wo sind diese Stellen? Was wird damit finanziert und ist es nicht sinnvoller, einen Teil dieser Stellen zur Unterrichtsversorgung einzusetzen?
Eine zahlenmäßige Ermittlung des künftigen Fachlehrerbedarfes ist nicht möglich, da der Einsatzumfang einzelner Lehrkräfte nicht bekannt ist. Das Ministerium kann nicht einmal Aussagen zu den Bedarfen auf Grund von Pensionierungen treffen. Selbst die Anzahl der Pensionierungen für das letzte Schuljahr ist nicht bekannt. Damit ist auch eine entsprechende Beratung von Studentinnen und Studenten entsprechend der zukünftigen Einstellungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Unsere jungen Leute studieren also munter drauf los ohne zu wissen, ob ihre Fächerkombinationen und ihr Lehramt denn tatsächlich in den Schulen gebraucht werden. Mal ganz abgesehen davon, dass sie ja auch die Referendariatsplätze drastisch zurückfahren.
Es wundert mich nicht, dass die Landeregierung die Beantwortung dieser Großen Anfrage auf die Sitzung nach der Bundestagswahl hinausgezögert hat. Personalplanung findet im Bildungsbereich nicht statt und hat auch offenbar in der Vergangenheit keine große Rolle gespielt. Dass muss sich in der Zukunft ändern. Man wird sicherlich nicht alle persönlichen Entscheidungen von Menschen bei einer Personalentwicklungsplanung berücksichtigen können, aber andere Bundesländer zeigen schon, dass man Strukturen in die Personalentwicklung einziehen kann und muss.
Wenn wir diesen Blindflug nicht endlich beenden, werden wir auf der einen Seite auch weiterhin angehende Lehrerinnen und Lehrer gut ausbilden, die wir in den Schulen nicht brauchen und auf der anderen Seite zunehmend Mangelfächer produzieren, für die wir keine Lehrkräfte finden.
Wir brauchen wenigstens eine grobe Erhebung der Bedarfe für die nächsten Jahre und darüber hinaus eine langfristige Planung. Ein Studium umfasst mindestens fünf Jahre. Wir müssen unsere Studierenden bereits am Anfang ihres Studiums dahingehend beraten können, wo in Zukunft die Bedarfe sind und wie auch ihre Einstellungsmöglichkeiten aussehen. Wir erleben es doch jetzt schon immer wieder, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht in den Schuldienst übernommen werden können, weil ihre Fächerkombinationen nicht gefragt sind. Das ist eine Vergeudung von Kapazitäten, die wir uns nicht leisten können.
Hier sind wir alle gemeinsam gefragt, dem entgegen zu wirken.
Lassen Sie uns die Ausschussberatungen dazu nutzen, mal über den Tellerrand zu schauen und mal zu sehen, wie andere Bundesländer damit umgehen, um zu einer besseren Personalentwicklungsplanung in Schleswig-Holstein zu kommen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel