| Nr. 336/07
zu TOP 20: Ein harter Schlag für die gesamte Region
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Es gilt das gesprochene Wort
Die Schließung der Logistik-Sparte von Motorola in Flensburg ist ein harter Schlag für die ganze Region. Was in den 90er Jahren hoffnungsvoll und mit hoher Landesförderung begann und mit mehr als 2.000 Mitarbeitern im Flensburger Werk seinen Höhepunkt nahm, ist seit dem Jahr 2000 zu einem Rückzug auf Raten geworden. Aufgrund zu geringer Nachfrage drosselte das Flensburger Motorola-Werk bereits im Jahr 2000 seine Produktion, erste Mitarbeiter wurden entlassen, Teile der Produktion nach China verlegt. Wenn jetzt auch die Logistik-Sparte in Flensburg geschlossen und nach Nordrhein-Westfalen verlagert wird, bleibt von dem einst viel versprechenden Industrieansatz bei Motorola in Flensburg leider nur noch wenig übrig. Besonders für die betroffenen 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit ihrem Einsatz in den vergangenen Jahren zum Erfolg des Flensburger Motorola-Werkes beigetragen haben, ist die in Chicago getroffene Entscheidung eine ganz bittere Nachricht und Folge von Defiziten in der Modell-Politik des Handy-Herstellers.
Der persönliche Einsatz von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Wirtschaftsminister Dietrich Austermann, die sich, obwohl die Vorzeichen bereits schlecht waren, in Chicago persönlich für den Erhalt des Flensburger Motorola-Werkes eingesetzt haben, verdient höchste Anerkennung. Gerade deswegen war es ein Schlag in die Magengrube, dass der international agierende Motorola-Konzern über die vielen guten Argumente für Flensburg so kühl hinweggegangen ist.
Wer allerdings in den vergangenen Jahren artig seinen Hofknicks vor Motorola in Flensburg gemacht hat und das Unternehmen als „Modell für einen modern geführten Betrieb“ bezeichnet hat, jetzt aber pauschal Entscheidungen international agierender Konzerne verteufelt, der greift zu kurz. Schleswig-Holstein ist ein weltoffener Wirtschaftsstandort und auch hier sind internationale Unternehmen willkommen.
Gerade in den 90er Jahren haben wir alle im Norden die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen bei Motorola in Flensburg begrüßt. Allerdings gab es auch damals schon Stimmen, die davor gewarnt haben, sich einseitig auf Großunternehmen zu konzentrieren und dabei die mittelständischen Unternehmer aus dem Blick zu verlieren. Gerade deswegen ist der Kurs der neuen Landesregierung auch vor dem Hintergrund der Motorola-Entscheidung richtig: Wir setzen darauf, dem Mittelstand durch Bürokratieabbau mehr Freiraum zu geben, wir verbessern die Fördermöglichkeiten gerade für kleinere und mittlere Betriebe. Sie sind es, die in der Fläche Arbeits- und Ausbildungsplätze anbieten und von konjunkturellen Hochs oder Tiefs weitgehend unabhängig sind.
Die Motorola-Entscheidung ist leider getroffen, jetzt gilt es, in die Zukunft zu sehen: Die Landesregierung hat deutlich gemacht, dass sie mit allen denkbaren Fördermöglichkeiten die Region Flensburg unterstützen wird. Dies ist richtig und notwendig und ich erinnere an die bereits getroffenen Entscheidungen der Landesregierung zur Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, zur Einrichtung von Leuchtturmprojekten oder zum Zukunftsprogramm Wirtschaft. Und, liebe Kollegen vom SSW: Wir freuen uns über jeden Arbeitsplatz in Dänemark. An mehr Durchlässigkeit im grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt haben wir lange gearbeitet. Es gibt aber nicht nur neue Arbeitsplätze in Apenrade, sondern auch in Achtrup, in Ahneby, in Arnis und auf Amrum. Dass der Wirtschaftsaufschwung auch im Landesteil Schleswig ankommt, zeigt ein Blick in die Beschäftigungsstatistik: Von Dezember 2005 bis Dezember 2006 wurden im Landesteil Schleswig 4.200 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen, die Zahl der Arbeitslosen ist deutlich zurückgegangen. Die Konjunkturumfragen der Handwerkskammer Flensburg sind für ihren Bezirk im Norden positiv und die Konjunkturumfrage der IHK für das zweite Quartal 2007 belegt, dass die Stimmung der Unternehmen im Kreis Schleswig-Flensburg auf Landesniveau, in der Stadt Flensburg sogar deutlich besser als im Landesdurchschnitt ist. Dies ist eine gute Basis, den Motorola-Abzug aus Flensburg einigermaßen zu verkraften. Den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss jetzt mit allen Instrumenten der Wirtschaftsförderung und der Arbeitsmarktpolitik geholfen werden, einen neuen Job in der Region zu finden. Die Bereitstellung von 9 Mio. € durch die Flensburger Arbeitsagentur für Qualifizierungsmaßnahmen ist ein gutes Signal für die Beschäftigten.
Dabei hat Motorola jetzt besonders aufgefordert, den Auszubildenden den Abschluss ihrer Ausbildung in Flensburg zu ermöglichen. Um die hochqualifizierte Ausbildung Elektroniker für Geräte und Systeme auch langfristig in Flensburg zu halten, gibt es Überlegungen einer überbetrieblichen Ausbildungsmöglichkeit, die wir prüfen sollten.
Wir werden den Mittelstand in Schleswig-Holstein weiter stärken, um seine Wettbewerbskraft zu steigern und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel