| Nr. 347/09
zu TOP 2: Das Wahlrecht darf kein Spielfeld parteipolitischer Auseinandersetzungen sein
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Die Landtagswahl hat ein durchaus bemerkenswertes Ergebnis: Es ist der CDU gelungen, sich in 34 von 40 Wahlkreisen mit ihren Kandidaten die Mehrheit zu erringen. Ein Umfang mit dem wohl keiner so gerechnet hat. Durch den Anfall von Ausgleichsmandaten sind wir zu einer Abgeordnetenzahl von 95 gekommen.
Die Koalitionspartner haben sich darauf geeinigt, das Wahlrecht so anzupassen, dass eine Überschreitung der Zahl von 69 Abgeordneten zukünftig vermieden wird.
Dieser Aufgabe sind wir verpflichtet und werden sie auch zügig angehen. Es geht nicht um eine einfache sondern um eine gute Lösung. Wozu schon eine Unklarheit in der Formulierung führen kann, hat sich beim Streit über die Feststellung des Wahlergebnisses gezeigt. Bei einer vermeintlich eindeutigen Formulierung des Wahlgesetzes, die über Jahrzehnte in der gleichen Weise angewandt wurde, stellte sich aufgrund der ungewöhnlichen Stimmverteilung heraus, dass es durchaus unterschiedliche Interpretationen gibt. Deshalb werden wir Wert auf eine sehr gründliche Diskussion legen.
Zu berücksichtigen ist auch das laufende Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht. Ich bin zwar sehr zuversichtlich, dass das Gericht die Zusammensetzung des Landtages bestätigen wird, allerdings gehört es ja zu den Gepflogenheiten von Verfassungsgerichten, durchaus Hinweise für Verbesserungen zu geben. Diese sollten dann entsprechend auch ins Verfahren eingebracht werden.
Der Schwerpunkt der Überlegungen muss sein, wie das Entstehen von Überhang- und Ausgleichsmandaten zukünftig vermieden werden kann.
Es darf aber nicht zum Wettbewerb, wer die wenigstens Wahlkreise fordert, kommen. In einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ist die Frage der Vertretung regionaler Interessen wichtig und darf nicht allein von der Entscheidung der Parteien abhängen. Denn bei der Listenbesetzung spielen regionale Belange eine untergeordnete Rolle. Daraus resultieren gewisse Ungleichgewichte. Allein 12 Abgeordnete haben als Wohnort Kiel angegeben. Damit möchte ich keineswegs einer reinen Mehrheitswahl das Wort reden. Es geht lediglich darum, deutlich zu machen, welchen Hintergrund die Mischung zwischen Mehrheits- und Verhältniswahl hat. Die öffentliche Diskussion ist demgegenüber in eine Schieflage gekommen, so als sei der vor Ort von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählte Abgeordnete ein Abgeordneter zweiter Klasse. Das ist ein Demokratieverständnis, das ich nicht nachvollziehen kann.
Wir müssen uns darüber einig sein, dass die Mehrheitswahl in den Wahlkreisen vor Ort ein wichtiges Bindeglied zwischen Bürger und Parlament ist. Das sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Wenn wir uns darüber einig sind, dass es nicht darum gehen kann, die regionale Vertretung im Parlament auf ein möglichst niedriges Maß herunter zu fahren, ist erstmal rechnen angesagt.
Die Schwierigkeit dabei ist aber, dass es nicht reicht bisherige Wahlergebnisse einfach umzurechnen. Es geht um eine Entscheidung für die Zukunft. Die Unbekannte in allen Rechnungen ist daher: Wie werden Wähler in Zukunft entscheiden? Man muss sich darüber klar werden, wie zukünftig Stimmverteilungen im Land aussehen werden um einzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass praktisch alle Wahlkreise von einer Partei gewonnen werden.
Denn: Das Wahlergebnis wie es jetzt ist, ist in erster Linie auf eine extreme Schwächephase der SPD zurückzuführen. Sollten sich die großen Parteien im Stimmergebnis wieder annähern, würde die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen von Überhangmandaten stark sinken.
Für mich stellt das Wahlergebnis dieser Wahl in sofern etwas Außergewöhnliches dar. Demgegenüber müssen wir wohl mit Sicherheit auch längerfristig mit einem Erstarken und einer größeren Zahl der kleineren Parteien rechnen.
Erst wenn wir uns darüber klar sind, von welchen Annahmen wir für die Zukunft ausgehen, können Modellrechnungen angestellt werden, auf deren Grundlage errechnet wird, wie viele Wahlkreise es zukünftig geben soll.
Sollte man zu dem Ergebnis, dass wir in Zukunft mit weniger Wahlkreisen auskommen müssen, wenn wir mit 69 Abgeordneten auskommen wollen, muss in einem nächsten Schritt über den Zuschnitt der einzelnen Wahlkreise unter Berücksichtigung von historischen Grenzen und wirtschaftlichen Räumen gesprochen werden.
Ich betrachte den Prozess zu Änderung des Wahlrechtes Ergebnisoffen weil das sachlich geboten ist. Ich erwarte von allen Fraktionen dieses Hauses, dass sie sich mit gleicher Offenheit an dieser Diskussion beteiligen. Das Wahlrecht ist zu wichtig, als es zum Spielfeld parteipolitischer Auseinandersetzung zu machen.
Ich freue mich auf eine konstruktive und nachhaltige Arbeit!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel