| Nr. 607/13
zu TOP 17: Landesregierung hat beim Jugendmedienschutz keine Idee, wo es hingehen soll
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Mein herzlicher Dank geht zunächst an die Fraktion der Piraten für diese Große Anfrage. Denn auch, wenn es sich dabei um einen parteipolitischen Kettenbrief handelt, der neben Schleswig-Holstein auch in Berlin, dem Saarland und in NRW versendet wurde, ist das Thema ja von Bedeutung und auf der Agenda.
Und es hat inzwischen ja eine lange Vorgeschichte.
Uns allen war im Jahre 2010 ja klar, dass die Regelungen, die ein Jugendmedienschutzstaatsvertrag treffen kann, nur einen kleinen Beitrag zu dem leisten können, was insgesamt erforderlich ist, um Kinder und Jugendliche im Internetzeitalter vor ungeeigneten Inhalten zu schützen und sie aber gleichzeitig darauf vorzubereiten, später selbst mit solchen Inhalten umzugehen.
Wer heute noch einmal das Plenarprotokoll der Debatte liest, die wir hier vor ziemlich genau drei Jahren geführt haben, wird das aus allen Beiträgen herauslesen. Damals waren wir auch gar nicht so böse, dass die Nordrhein-Westfalen „Nein“ sagten und wir zunächst aus dem Schneider waren.
Bei allen Schwächen des Entwurfes für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag stellt sich inzwischen aber schon die Frage: War es wirklich erforderlich, an dieser Baustelle drei Jahre lang quasi nichts zu tun?
Die Position der CDU in dieser Debatte ist klar. Fünf Punkte möchte ich hervorheben.
1) Um die Rechtsunsicherheit für Blogger und Anbieter von Web 2.0-Angeboten durch den JMStV zu reduzieren, sollen die Anbieter ihre Seite, analog zu den Einstufungen ab 6, 12, 16 oder 18, mit einer eigenen Kennung für Blogs und ähnliche Angebote kennzeichnen. Eltern könnten dann bei der Einrichtung von Jugendschutzprogrammen, neben der Entscheidung welche Altersstufe für ihr Kind freigegeben ist, auch festlegen, ob ihr Kind diese Angebote nutzen darf.
2) Auf die Möglichkeit von Sperrverfügungen sollte verzichtet werden – sie bringen nichts und stellen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Meinungsfreiheit dar.
3) Jugendschutzprogramme müssen für alle gängigen Betriebssysteme und auch mobilen Endgeräte verfügbar sein. Die Programme sollen Warnhinweise beinhalten, dass sie keinesfalls hundertprozentigen Schutz gewährleisten können.
4) Das Internet stellt auch den Jugendschutz vor neue Herausforderungen. Mobbing, „Grooming“, Sucht, Abzocke oder radikale Inhalte: hier ist ein Rundfunkstaatsvertrag sicher überfordert und es darf auch nicht der Eindruck entstehen, als ob man hier alle Probleme lösen könnte.
5) Bei Projekten zur Vermittlung von Medienkompetenz muss der Fokus stärker auf die Eltern gelegt werden. Und hier bräuchte sich Schleswig-Holstein gar nicht zu verstecken.
Technischer Jugendmedienschutz hat seine Grenzen. Wenn man das akzeptiert und definiert, welche Maßnahmen angesichts der internationalen Bereitstellung von Telemedien einen realistischen Schutz vor beeinträchtigenden Inhalten bieten können, sollte eine Novellierung - wenn der Wille da ist – kein Ding der Unmöglichkeit sein.
Bei all dem bleibt immer zu bedenken: Jugendschutz ist zunächst Aufgabe der Eltern. Ihnen fällt auch die Aufgabe zu, für eine altersgemäße Nutzung des Internets durch ihre Kinder Sorge zu tragen. Sie tragen die letzte Verantwortung dafür, mit welchen Inhalten ihre Kinder in Kontakt kommen. Alle technischen und gesetzlichen Maßnahmen ersetzen nicht die Erziehung durch Eltern.
Inzwischen sind immerhin zwei Jugendschutzprogramme am Start. Ein wesentliches Tool zur Umsetzung des Gedanken des Staatsvertragsentwurfes liegt damit vor – der Vertrag aber hängt immer noch im föderalen Verhandlungsdickicht.
Und es steht zu befürchtet, dass er da auch noch eine Weile hängen bleibt.
Nicht zuletzt deshalb, weil die Schleswig-Holsteinische Landesregierung aus lauter Sorge vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Piraten auf der Bremse steht.
Auch aus der – vorsichtig formuliert – bocklosen – Beantwortung vieler Fragen spricht die Zögerlichkeit, die sagt, wenn ich nichts mache, mache ich auch nichts falsch.
Nur mal zur Erinnerung:
Koalitionsvertrag, Zeile 2472 ff.: „Wir wollen Medienkompetenz stärken“ – prima, da macht die Landesregierung alles weiter, was es schon gab, und dann: „und uns unter anderem unter Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen für eine transparente Novellierung des gescheiterten Jugendmedienschutzstaatsvertrages einsetzen.“
Fazit bislang:
- keine Initiativen in der Rundfunkkommission,
- keine Initiative für Transparenz,
- keine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen,
- noch nicht einmal ein Idee, wo es hingehen soll.
In der Beantwortung der Großen Anfrage heißt es: „Eine Überabreitung des JMStV sollte aus Sicht der Landesregierung den im Zusammenhang mit dem 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vorgetragenen Kritikpunkten Rechnung tragen und Bedenken möglichst ausräumen.“
Prima - nur leider bleibt es das große Geheimnis der Staatskanzlei, wie man das machen will. Die kernige Aussage auf meine Kleine Anfrage (18/1276) nach Zielen der Landesregierung und dem weiteren Ablauf der Beratungen:
„Zurzeit finden Beratungen auf politischer Ebene noch nicht wieder statt. Frühestens in der Sitzung der Rundfunkkommission der Länder am 11. Dezember 2013 wird der JMStV voraussichtlich Gegenstand der Tagesordnung sein. Es ist möglich, dass die Länder dann eine erste Diskussion zum weiteren zeitlichen und inhaltlichen Vorgehen führen.“
Herr Ministerpräsident, bringen Sie sich aus China eine Winkekatze mit, die Sie daran erinnert, dass Sie für Medienpolitik zuständig sind!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel