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zu TOP 16: Wohnungsraumnachfrage ist nicht nur eine Frage des Geldes
Vielen Dank Minister Studt für Ihren Bericht. Er macht deutlich, dass die amtierende Landesregierung die erfolgreiche Wohnungspolitik ihrer Vorgängerregierungen fortsetzt. Dabei ist es nach wie vor ein Standortvorteil für Schleswig-Holstein, dass über alle Regierungen hinweg das umfangreich vorhandene Sondervermögen „Wohnungsbau“ erhalten wurde. Die dabei notwendige ständige Überprüfung und Weiterentwicklung von Fördermöglichkeiten im Bereich des Wohnungsbaus ist sicherlich nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. Der bisher schon erkennbare gemeinsame Erfolg ist auch ein Zeichen des hohen Engagements der beteiligten Wohnungswirtschaft in Schleswig-Holstein. Allerdings müssen wir wissen, dass wir mit diesen Förderprogrammen nur ca. 10 Prozent des Wohnungsneubaubedarfs bis 2025 abdecken können. Daneben gibt es eine immer größer werden Zahl von kommunalen Entscheidungsträgern, die sich aktiv in die Umsetzung einbringen und zu deren Erfolg beitragen.
Aus unserer Sicht ist es allerdings dringend erforderlich, nicht nur das Wohnraumförderprogramm in den Fokus der Betrachtungen zu stellen. Vielmehr muss ein Gesamtkonzept alle Bereiche der Wohnraumversorgung erfassen, also auch die Bereiche Eigentumsbildung und die freie finanzierte Wohnungsversorgung.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind dabei aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation und der damit verbundenen stabilen Einkommens- und Beschäftigungslage einerseits sowie der im historischen Vergleich derzeit extrem niedrigen Zinsen andererseits so günstig wie noch nie. Dadurch können deutlich mehr Menschen als bisher dauerhaft Wohneigentum schaffen und damit gleichzeitig der Gefahr von Altersarmut aktiv vorbeugen. Dies ist im Augenblick die mit Abstand klügste Form der privaten Altersvorsorge.
Allerdings ist die Wohnraumnachfrage nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der persönlichen individuellen Lebenseinstellung vieler Menschen. Will ich lieber in der Stadt, auf dem Land oder in einer Metropolregion leben? Lieber im Eigenheim oder zur Miete? In den nächsten Jahren werden auch im Hinblick auf den demografischen Wandel die unterschiedlichen Wohnformen breiter gefächert sein, darauf müssen wir uns einstellen. Dies wird aber nur gelingen, wenn wir in all den Regionen, wo es schon jetzt absehbar einen deutlich steigenden Nachfragebedarf gibt, auch ein entsprechendes Angebot schaffen können.
Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat deutlich gezeigt, dass der Rückgang der Bauaktivitäten bis zum Jahre 2010 zu einer erheblichen Lücke im Bereich der Wohnraumversorgung, insbesondere in unseren Ballungsräumen geführt hat. Auch wenn die Zahl der Neubauten seit diesem Zeitpunkt erfreulicherweise wieder zugenommen hat, bleibt festzustellen, dass dieser Zuwachs nicht ausreicht, um der Nachfrage in diesen Regionen gerecht zu werden. Davon betroffen sind neben dem Hamburger Umland auch die Bereiche Kiel und Lübeck sowie Sylt.
Innenminister Studt hat in seinem Grußwort beim Verbandstag Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Hamburg zurecht darauf hingewiesen, dass durch den massiven Siedlungsdruck aus Hamburg heraus und durch den erheblich ansteigenden Zustrom von Flüchtlingen und Zuwanderern das von den Kommunen im Hamburger Umland zur Verfügung gestellte Bauland bei weitem nicht mehr ausreicht, um den wachsenden Bedarf zu decken. Deshalb muss es Aufgabe der Landesregierung sein den bisherigen Rahmen der Wohnbauentwicklung bis 2025, insbesondere in den Regionen mit ständig wachsender Wohnraumnachfrage zu erweitern und damit zusätzliche Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen, die deutlich über den bisherigen genehmigungsfähigen Rahmen hinaus gehen. Dies könnte kurzfristig über eine Vorgabe des Innenministers gegenüber den zuständigen Genehmigungsbehörden erfolgen entsprechend flexibel zu handeln. Dieses Vorgehen hätte den Vorteil, kurzfristig auf die massive zusätzliche Nachfrage nach Eigentumsbildung, insbesondere für bisherige so genannte „Schwellenhaushalte“ zu reagieren und die dadurch frei werdenden Wohnungen für intelligente Nachnutzungen am Markt zur Verfügung zu haben. Im Bereich des Hamburger Umlandes würden dabei außerdem die zusätzlich entstehenden Pendlerverkehre weitest gehend über einen gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr umweltfreundlich und nachhaltig organisiert werden können. Neben der Schaffung eines bedarfsgerechten und bezahlbaren Mietwohnungsangebots in zentralen Orten und auf den Siedlungsachsen bietet sich hier auch die Chance für eine nachfrageorientierte Schaffung von zusätzlicher Einzelhausbebauung für Familien mit Kindern zur Deckung des regionalen Wohnungsbedarfs.
Ich fordere die Landesregierung auf, in diesem Bereich des Wohnungsbaus endlich aktiver zu werden und den betroffenen Kommunen kurzfristig und unbürokratisch entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Gute Politik beginnt mit dem Erkennen und Akzeptieren der Lebensrealität in unserem Land.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel