| Nr. 448/14
zu TOP 12 und 43: Es fehlt ein Konzept zur Bewältigung der steigenden Flüchtlingszahlen
Es gilt das gesprochene Wort
Sperrfrist Redebeginn
Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung für die Beantwortung unserer Großen Anfrage.
Die Antwort zeigt, das Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik eine
Querschnittsaufgabe ist. Und sie zeigt, dass sich über die Jahre die Anforderungen an eine zukunftsgerichtete Zuwanderungspolitik immer wieder geändert haben.
Wir sollten die Möglichkeit nutzen, und ausgehend von den Ergebnissen eine umfassende Debatte über das Thema Zuwanderung führen. Diese betrifft den Sozial- und Bildungsbereich ebenso, wie die Bereiche Europa und Wirtschaft. Ich beantrage daher, die Antwort auf die Große Anfrage federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Bildungs-, den Sozial-, den Wirtschafts- und den Europaauschuss zu überweisen.
Die Konflikte in der Welt bleiben auch für uns in Deutschland nicht folgenlos. Seit dem Jahr 2012 sind die Flüchtlingszahlen hier in Schleswig-Holstein außerordentlich angestiegen. Hatte Schleswig-Holstein im Jahr 2011 noch 1500 Flüchtlinge aufgenommen, waren es 2012 fast 2300 und 2013 rund 3900. Bis zum Ende dieses Jahres werden es vermutlich zwischen 5000 und 6000 Menschen sein.
Deutschlandweit sind die Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen nahezu erschöpft. Dies betrifft sowohl die Aufnahme in Erstaufnahmeeinrichtungen, als auch die Unterbringung in den Kommunen. In Berlin wurde die zentrale Aufnahmeeinrichtung vorübergehend geschlossen. Und auch bei uns in Schleswig-Holstein müssen – zumindest vorübergehend - Flüchtlinge in einem Zelt untergebracht werden.
Der Innenminister behauptet in einem Interview, die steigenden Zahlen seien nicht vorhersehbar gewesen. Und er sagt: „Rückwärtsgewandte Diskussionen über angebliche Versäumnisse helfen niemandem.“
Herr Minister, wir als CDU-Fraktion haben den damaligen Antrag initiiert, weil steigende Zugangszahlen zu erwarten waren. Und gerade deshalb hatte dieser Antrag auch einen klaren Auftrag an die Landesregierung formuliert. Passiert ist allerdings wenig. Ich zitiere den Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen, Stefan Schmidt:
„Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Landesregierung nicht in der Lage war, frühzeitig Kapazitäten zu schaffen, um eine Unterbringung von Schutzsuchenden in Zelten zu vermeiden.“
Und auch er weist völlig zu Recht darauf hin, dass der Anstieg der Flüchtlingszahlen nicht überraschend gekommen ist. Und Ihre Versäumnisse aus der Vergangenheit setzen sich ganz offensichtlich fort.
Ihrem Bericht lässt sich ein Lösungsansatz auch für die Zukunft nicht entnehmen. Sie sprechen von einem Erfahrungsaustausch mit den Kommunen. Sie sprechen von Regionalkonferenzen. Sie sprechen von Dienstversammlungen.
Ein Konzept, wie Land und Kommunen die weiter steigenden Flüchtlingszahlen bewältigen können, fehlt. Stattdessen beschränken Sie Ihren Bericht auf die Darstellung von Selbstverständlichkeiten. Erwartet hätte ich von Ihnen einen Maßnahmenplan für die kommenden Jahre, der uns beispielsweise darlegt, welchen Lösungsansatz haben Sie gemeinsam mit den Kommunen für die immer herausforderndere Aufgabe der Betreuung der Flüchtlinge? Welche konkreten Maßnahmen planen Sie zur Erweiterung der Kapazitäten in den Kreisen und kreisfreien Städten? Sind Sie bereit in bestimmten Fällen auch unbürokratisch zu unterstützen – das Beispiel der Gemeinschaftsunterkunft in Schackendorf zeigt hier eher das Gegenteil.
Ich hätte ein Konzept erwartet, wie Sie die Kapazitäten in der Aufnahmeeinrichtung in Neumünster zeitnah erhöhen wollen. Stattdessen ist der Planungsauftrag an die GMSH erst im Juni dieses Jahres erfolgt.
Boostedt!!!
Es geht nicht um die Frage, ob wir Flüchtlinge aufnehmen. Es geht darum, wie wir Menschen, die hier bei uns Schutz suchen, vernünftig unterbringen. Und es geht darum, sie situationsgerecht zu betreuen. Genau diese Zielrichtung hat der Antrag aus dem letzten Jahr verfolgt. Doch diesen Auftrag des Parlaments hat der Innenminister nicht ernst genommen. In einem Interview aus September 2013 haben Sie ja schon klar gemacht, was Sie von diesem Antrag halten. Nichts. Und genauso haben Sie ihn auch umgesetzt: Gar nicht.
Ganz offensichtlich haben Sie die Lage völlig falsch eingeschätzt und deshalb den deutlichen Auftrag des Landtages klar ignoriert – und wir erkennen eben auch keine zielführenden Ansätze für die Zukunft. Dabei reden wir nicht über die Flüchtlinge aus dem Irak. Die Auswirkungen dieses Konflikts werden erst noch auf uns zukommen. Unter Ihren Versäumnissen leiden die Flüchtlinge die zu uns kommen. Hier helfen keine Willkommensveranstaltungen mit dem Ministerpräsidenten, keine wohlklingenden Worte, nicht noch mehr Leitfäden – und leitbilder, sondern vor allem brauchen wir Taten!
Da diese Landesregierung dies ganz offensichtlich nicht liefert, muss sich der Landtag noch stärker als bisher des Themas annehmen. Ich beantrage daher, den Bericht in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Dort können wir dann mit den Kommunen und den Akteuren vor Ort über die Probleme und Bedürfnisse sprechen. Und dort können wir nach Lösungen suchen. Der Innenminister und die Landesregierung tun es ja nicht.
Ich beantrage die Überweisung in den Innen und Rechtsausschuss
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel