Hans-Jörn Arp (ehemaliger Abgeordneter)
Parlamentarischer Geschäftsführer, Verkehr

| Nr. 332/07

zu TOP 11: Viele Fragen sind noch offen

Sperrfrist: Redebeginn
Es gilt das gesprochene Wort

Nach umfangreichen Diskussionen auf allen Ebenen hat das Innenministerium nun ein Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vorgelegt. Dieses Gesetz soll einen Staatsvertrag in Landesrecht umwandeln, gegen den es von namhaften Experten nach wie vor erhebliche verfassungs- und europarechtliche Bedenken gibt. Darüber hinaus gefährdet er Tausende Arbeitsplätze sowie die Höhe der bisherigen Einnahmen aus Konzessionsabgaben und Lotteriesteuer.

Meine Damen und Herren, danken möchte ich zunächst Ministerpräsident Peter Harry Carstensen für seinen Mut, anfänglichen Widerstand gegen den Staatsvertrag zu zeigen. Aber auch diesem hohen Haus gebührt Dank für die bisherige Diskussion um den Glücksspielstaatsvertrag
Leider sind wir nun an einen Punkt gekommen, an dem der Ministerpräsident seine vernünftige Position nicht aufrecht halten konnte, da trotz diverser Zustimmung anderer Parlamentarier kein weiterer Ministerpräsident den Mut gefasst hat, sich offen gegen den Glücksspielstaatsvertrag auszusprechen. Letztlich wurde der Druck auf unseren Ministerpräsidenten zu groß. Um schlimmere Folgen für unser Bundesland zu verhindern, musste er den Vertrag unterzeichnen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte sich im März letzten Jahres ausschließlich mit dem bayrischen Sportwettenmonopol zu befassen und ist zu dem Schluss gekommen, dass dieses verfassungswidrig ist. Über das Thema Lotto wurde zu keinem Zeitpunkt eine Aussage von Seiten des Gerichtes getätigt. Und das aus gutem Grund, da kein Gefährdungspotential bei Lotto vorhanden ist, welches drastische rechtliche Eingriffe rechtfertigen würde. Ich frage daher den Innenminister, welche wissenschaftlichen Untersuchungen er zum Thema Lottosucht herangezogen hat, um die drastischen Eingriffe in diesem Bereich zu rechtfertigen. Wo ist die Gefahr?

Die Auswirkungen des neuen Glücksspielstaatsvertrages sind bereits heute zu spüren und werden nicht spurlos an dem Landeshaushalt vorübergehen. Bereits 2006 sind trotz der Fußballweltmeisterschaft die Umsätze bei Oddset um über 20 % zurückgegangen. Ich bin der festen Überzeugung, diese Entwicklung wird sich fortsetzen und auch auf den klassischen Lottobereich übergreifen, da künftig die Annahmestellen und der Jackpot zu begrenzen sind und die Werbung einzuschränken ist. Es ist eine alte Weisheit, dass ein Produkt nicht mehr nachgefragt wird, sobald es nicht mehr beworben wird. Ich halte es daher für unverantwortlich, wenn der Minister in seiner Presseerklärung vom 20.08.2006 behauptet und ich zitiere: „Damit sind die Einnahmen aus den Lotterien für den Sport, für kulturelle und soziale Belange auch weiterhin gewährleistet“. Die einzigen Zuwendungen, die tatsächlich gesichert sind, sind die des Sportes, da ihm im Ausführungsgesetz ein Betrag von 6,3 Mio. € zugesichert wird, unabhängig davon, wie sich die Umsätze tatsächlich entwickeln.

Meine Damen und Herren, die Vorlage des Innenministeriums ist unvollständig. Sie ist unvollständig, weil ich keinen Hinweis auf mögliche Schadenersatzforderungen privater Sportwettenanbieter aufgrund des vereinbarten Lizenzentzuges finde. Die nach DDR-Gewerberecht legal erworbenen Lizenzen lassen sich nicht so einfach durch ein Bundesland entziehen; sie sind Bestandteil des Einigungsvertrages.
Im Beschluss der MPK wurde vereinbart mögliche Schadensersatzforderungen nach dem Königssteiner-Schlüssel zu verteilen. Ich hätte gerne gewusst, Herr Innenminister, mit welchem Haftungsrisiko muss Schleswig-Holstein rechnen und wie soll dieses finanziert werden?

Als Wirtschaftspolitiker habe ich die Pflicht, mich mit den Folgen staatlichen Handelns auf Unternehmen und Arbeitsplätze zu beschäftigen.

Über Jahre hinweg hat Schleswig-Holstein von dem unternehmerischen Handeln gewerblicher Spielevermittler profitiert. Für Lotto Schleswig-Holstein wurden durch innovative Vertriebswege zusätzliche Einnahmen generiert. Genau diese innovativen Vertriebswege sollen nun abgeschnitten werden.

Ich frage mich, haben wir genug für unsere Unternehmen und die betroffenen Arbeitsplätze im Land getan?

In Nordrhein-Westfalen soll eine Sonderregelung für ein großes bekanntes Unternehmen geschaffen werden. In Bayern bleibt eine Annahmestelle bestehen, die weiter aus der gesamten Bundesrepublik Umsätze entgegennehmen kann. Das ist ein deutlicher Vorteil für den bayrischen Landeshaushalt. Auf die Sonderrolle Bayerns im Bezug auf die Sportwetten möchte ich jetzt gar nicht eingehen.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch kurz auf das Thema Spielsucht eingehen. Diese wird als Begründung für den restriktiven Staatsvertrag herangezogen. Nur ich frage mich, haben wir es hier mit zwei Arten von Spielsucht zu tun? Auf der einen Seite die öffentliche, die gute Spielsucht, und auf der anderen Seite die schlechte, nämlich die private Spielsucht. Mir konnte bisher noch niemand erklären, wo genau die Unterschiede zwischen diesen Suchtarten sind.
Meine Damen und Herren, ich beantrage den Gesetzentwurf in den Finanzausschuss zu überweisen. Dort werden wir hoffentlich Gelegenheit haben, Antworten auf meine Fragen zu bekommen. Ich glaube, eine umfangreiche Anhörung wird dazu nötig sein.


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Max Schmachtenberg
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