| Nr. 040/13
zu TOP 10: Die bisherigen Regelungen haben sich bewährt
Es gilt das gesprochene Wort!
Sperrfrist Redebeginn!
Der hier zur Diskussion stehende Entwurf verkennt die auch für polizeiliches Handeln erforderliche Notwendigkeit zur Flexibilität und er führt vor allem zu einer Dramatisierung hinsichtlich der Eingriffintensität der hier in Rede stehenden Maßnahmen.
Das Schleswig-Holsteinische Landesverwaltungsgesetz enthält in seiner jetzigen Form eine ausgewogene Balance zwischen dem grundrechtlichen Schutz Betroffener auf der einen Seite und der Effektivität staatlicher Maßnahmen auf der anderen Seite. So sieht das Gesetz für die meisten übrigen in § 185 LVwG vorgesehenen besonderen Maßnahmen der Datenerhebung einen Richtervorbehalt vor. Eine planmäßige Beobachtung, also die Observation über einen längeren Zeitraum bedarf einer richterlichen Anordnung. Das verdeckte Abhören oder Aufzeichnen des gesprochenen Wortes bedarf einer richterlichen Anordnung. Solche Maßnahmen also, die von ihrer Intensität her einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen darstellen, bedürfen – von Eilfällen abgesehen – der richterlichen Anordnung und im Übrigen der richterlichen Bestätigung.
Der von der Fraktion der Piraten vorgelegte Vorschlag, nun auch noch Bildaufzeichnungen und Aufnahmen einem solchen Vorbehalt zu unterstellen, führt jedoch zu weit. Und eine solche Notwendigkeit folgt auch nicht aus dem zur Begründung heran gezogenen Urteil des Thüringischen Verfassungsgerichtshofes. Denn auch dieses hat darauf abgestellt, dass ein Richtervorbehalt nur dann erforderlich ist, wenn die Maßnahme ein hohes Maß an Intensität erreicht. Aber das Anfertigen von Bildaufnahmen, auch wenn dies verdeckt passiert, ist für sich selbst genommen noch nicht geeignet, eine erhebliche Eingriffsschwelle zu überschreiten.
Ganz plastisch muss nach dem von Ihnen vorgelegten Entwurf schon dann eine richterliche Anordnung eingeholt werden, wenn nur ein einziges Foto verdeckt geschossen werden soll. Ich will an dieser Stelle gar nicht damit Anfangen, das Lied von den ohnehin überlasteten Gerichten zu singen. Der von Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Piraten vorgesehene bürokratische Aufwand steht in keinem Verhältnis zu der Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Positionen der Betroffenen. An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass der ehemalige Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer sich bereits im Jahre 2009 zu der damals in Frage stehenden Einführung eines Richtervorbehaltes bei verdeckten Ermittlungen im BKA-Gesetz äußerst kritisch geäußert hat.
Eines muss an dieser Stelle klar gestellt werden: wir reden hier nicht über Vorschriften der Strafverfolgung. Wir reden hier über Maßnahmen im präventiven Bereich, welche der Gefahrenabwehr dienen. Und eine effektive Gefahrenabwehr bedarf einer größeren Flexibilität und einer größeren Möglichkeit zu beschleunigter Aktivität, als dies im Bereich der Strafverfolgung der Fall ist. Dennoch sieht selbst die StPO für Bildaufnahme keinen Richtervorbehalt vor.
Die bisherigen Regelungen des Landesverwaltungsgesetzes haben sich bewährt. Denn sie schränken behördliche Befugnisse so weit ein, dass die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden. Gleichzeitig geben sie den Behörden aber die Möglichkeit, dort wo es notwendig ist, effektiv zum Zwecke der Gefahrenabwehr tätig zu werden. Diese Effektivität dürfen wir nicht dadurch behindern, dass wir die bürokratischen Hürden immer weiter anheben. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass bereits ohne den nun geforderten Richtervorbehalt die Voraussetzungen, die für die Durchführung einer solchen Maßnahme erforderlich sind, hoch sind.
Es müssen Tatsachen dafür sprechen, dass ein Schaden für Leib, Leben oder Freiheit oder ein gleich gewichtiger Schaden für Sach- oder Vermögenswerte oder für die Umwelt zu erwarten ist und die Aufklärung des Sachverhalts zum Zwecke der Verhütung dieses Schadens auf andere Weise nicht möglich ist. Dies bedeutet, dass schon heute die zuständigen Stellen gezwungen sind, sehr genau zu prüfen, ob die für Anfertigung verdeckter Bildaufnahmen erforderliche Tatsachengrundlage hinreichend gefestigt ist. Außerdem sind derartige Maßnahmen nur bei der Gefährdung der genannten gewichtigen Rechtsgüter zulässig.
Die genannten Gründe sprechen dafür, an der bisherigen gesetzlichen Regelung festzuhalten und die ohnehin nicht einfache Arbeit der Behörden im Bereich der Gefahrenabwehr nicht durch eine weitere Bürokratisierung zu erschweren.
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Max Schmachtenberg
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