Abschiebehaft | | Nr. 320/18
(TOP 7) Klare Regeln und Standards für den Vollzug
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Verehrte Gäste!
Im Einvernehmen mit unseren Nachbarländern Hamburg und Mecklenburg - Vorpommern, beides SPD- geführte Länder, wird derzeit in Schleswig-Holstein am Standort Glückstadt eine Abschiebehafteinrichtung mit insgesamt 60 Plätzen geplant.
Der vorliegende Gesetzentwurf schafft klare Regeln und formuliert die Standards, die wir in Schleswig-Holstein an den Vollzug stellen wollen.
Ein Gesetzentwurf, der die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt, Handlungsspielräume nutzt, und sichere Arbeitsbedingungen im Blick behält. Er ist eine gute Grundlage für die nunmehr anstehenden Beratungen im Ausschuss. Und er widerlegt das, was leider im Vorfeld von Gegnern der Abschiebung behauptet wird.
Es ist gut und dringend angezeigt, dass diese Landesregierung sich dieser Verantwortung stellt und handelt.
Vielen Dank an Sie, Herr Innenminister Grote, und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien, die diesen Gesetzentwurf ausgearbeitet haben. Und lassen Sie es mich deutlich sagen: Kritik und Anregungen nehmen wir sehr ernst und darüber müssen und wollen wir reden.
Aber die Behauptung ist falsch, der Gesetzentwurf unterstelle den Vollzug der Abschiebungshaft dem Rechtsrahmen des Strafvollzugs, wie es im Vorfeld öffentlich behauptet wird. Und es ist falsch - und ich möchte fast sagen unredlich - in diesem Zusammenhang von einem „Abschiebeknast“ zu sprechen. Bis 2014 wurden vollziehbar ausreisepflichtige Menschen in der Justizvollzugsanstalt Rendsburg unter der Obhut des Justizministeriums inhaftiert. Das war europarechtlich und verfassungsrechtlich mehr als bedenklich.
Und seitdem verschieben sie die Verantwortung in andere Bundesländer. Mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf schaffen wir ein eigenes Regelwerk. Verantwortlich ist jetzt das Innenministerium. Das ist die Grundvoraussetzung für eine klare Abgrenzung zum Strafvollzug. Und es ist falsch, die Jamaika-Regierung opfere mit diesem Gesetzesvorhaben wesentliche Elemente der humanitären Flüchtlingspolitik dieses Landes.
Dagegen sprechen die zahlreichen flüchtlingspolitischen Initiativen dieser Legislatur. Ich erinnere an den Spurwechsel für gut integrierte Menschen und das Humanitäre Aufnahmeprogramm des Landes.
Mit dem heute vorgelegten Abschiebehaftvollzugsgesetz nutzen wir den Raum, den uns das Bundesrecht bietet, um die Abschiebehaft mit unseren humanitären Grundüberzeugungen in Einklang zu bringen. Es gibt uns die Möglichkeit die gute humanitäre Flüchtlingspolitik, die Schleswig-Holstein auszeichnet, auch in diesem Bereich anzuwenden.
Es ist weiterhin falsch, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt werden soll, es werde zukünftig jeder abgelehnte Asylbewerber in Abschiebehaft genommen.
Es ist und bleibt politischer Konsens, dass die freiwillige Ausreise in allen Fällen Vorrang hat. Die Beratung und Unterstützung zur freiwilligen Ausreise wird seitens dieser Landesregierung aktiv unterstützt und gefördert. Abschiebehaft ist ultima ratio. Alle gegenteiligen Behauptungen sind schlicht an den Haaren herbeigezogen.
Aber es gibt Menschen, die kein Bleiberecht haben und ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht freiwillig nachkommen und sich dieser Pflicht aktiv entziehen. Es sind nur wenige und für diese Fälle stellt die Abschiebungshaft das letzte gesetzlich vorgesehene Instrument zur Sicherung der Ausreise dar und wir sind auf dieses angewiesen.
Die Behauptung, die Unterbringung Minderjähriger sei mit Bundes- und Europarecht nicht vereinbar, ist ebenfalls schlicht falsch. Sie hat allerdings absoluten Ausnahmecharakter.
Sowohl die ausnahmsweise Aufnahme als auch die Beachtung des Kindeswohls haben explizit Eingang in den Gesetzestext gefunden. Und ich kann beim besten Willen weder dem Gesetzestext, noch dem Koalitionsvertrag, noch allen politischen Äußerungen dieser Landesregierung entnehmen, dass von dieser Möglichkeit zukünftig reger Gebrauch gemacht werden soll.
Darüber hinaus setzt der Grundsatz der Einzelunterbringung von Frauen und Männern einen weiteren bedeutenden Standard des Abschiebevollzuges in Schleswig-Holstein und dient dem Schutz der Privatsphäre und der Vorbeugung von Konflikten.
Und schließlich gehören zu den Standards, die wir für den Vollzug festlegen wollen, - entgegen öffentlicher Unkenrufe -,selbstverständlich die erforderliche medizinische Versorgung ebenso wie der Zugang zu behördenunabhängiger Beratung. Es ist das gute Recht der Abschiebungsgegner, die bestehende Rechtslage im Bund zu hinterfragen. Aber solange eine solche besteht, haben wir sie anzuwenden.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf die gewohnt kompetente, lösungsorientierte und respektvolle Beratung im Innen- und Rechtsausschuss.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel