Katastrophenschutz | | Nr. 327/22
TOP 34: Lassen Sie uns dieses Möglichkeitsfenster nutzen!
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 10. März dieses Jahres wurde auf Anordnung des Kreises Ostholstein eine Notunterkunft in der Stadt Bad Schwartau für die Unterbringung von Flüchtlingen hergerichtet. Vornehmlich für Flüchtlinge aus der Ukraine. Beteiligt war der Kreis Ostholstein als Träger. Beteiligt war der Katastrophenschutz. Beteiligt war die Stadt Bad Schwartau. Beteiligt waren die freiwilligen Feuerwehren.
Beteiligt war die Johanniter Unfallhilfe. Beteiligt war das Deutsche Rote Kreuz. Beteiligt war das Technische Hilfswerk. Und beteiligt war die Psychosoziale Notfallversorgung, kurz PSNV. 59 Kräfte waren allein nur von den freiwilligen Feuerwehren dabei. Ich selbst war auch dabei in meiner Funktion als Stadtpräsidentin.
Für mich waren im Frühjahr dieses Jahres drei Dinge ganz besonders eindrücklich:
- Es gibt schon jetzt vor Ort großartige, extrem leistungsfähige Strukturen, die aber zu stark vom persönlichen Einsatz abhängig und damit fehleranfällig sind. Hier leisten hauptamtliche und ehrenamtliche Helferinnen jeden Tag Großes, damit unser Leben geschützt wird. Und das Leben von Menschen, die unser aller Hilfe brauchen. Ich weiß, dass man sich für Dank nichts kaufen kann, trotzdem an dieser Stelle: Großen Dank an Jeden, der mit anpackt, wenn in schwierigen Zeiten Not am Mann oder Not an der Frau ist. Vielen Dank den tausenden Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtlern im Bevölkerungsschutz, ohne Sie und Euch wäre dieses Land um ein Vielfaches ärmer!
- So gut die Strukturen vor Ort auch sind, es fehlt ganz oft an schwerer, mobiler Technik und an Menschen, die sachkundig im Umgang sind. Und damit komme ich zu Punkt Drei.
- Deutschland hat nach dem unblutigen Ende des Kalten Krieges an vielen Stellen in einen Sparmodus geschaltet, aus absolut nachvollziehbaren Gründen. Das betrifft die Bundeswehr genauso wie den Katastrophenschutz. Wir stellen aber heute fest, dass die Krisenlage zu einer Art Normalität zu werden droht. Wenn das aber so ist, dann müssen wir uns als Gesellschaft auf eine solche Situation viel besser einstellen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
für jemanden der hilft ist es im Prinzip unerheblich, ob wir uns als Gesellschaft gegen ein Virus stemmen, ob es um die Folgen einer Naturkatastrophe geht oder ob Menschen geholfen werden muss, die aus einem Kriegs- oder Krisengebiet zu uns kommen. Und die unseren Schutz brauchen. Entscheidend ist, dass wir den Helferinnen und Helfern politisch den Rücken freihalten. Indem wir alles tun, was technisch machbar und wirtschaftlich vernünftig ist, um den Bevölkerungsschutz so gut wie möglich aufzustellen.
Seit 2021 gibt es eine beschlossene Strategie des Landes Schleswig-Holstein, aus der ein 10-Punkte-Plan für den Bevölkerungsschutz resultiert. Es geht dabei um nichts anderes, als die Bedeutung des Bevölkerungsschutzes für jedermann sichtbar und nachvollziehbar zu machen. Es geht darum, das Bewusstsein für Bevölkerungsschutz zu schärfen. Und letztlich geht es darum, unser Land krisenfest, widerstandsfähig und katastrophensicher zu machen - neudeutsch nennt man das „resilient“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Konkret bedeutet das: Für das „Stärkungspaket Bevölkerungsschutz“ muss neben dem finanziellen Einsatz des Landes Schleswig-Holstein der Bund 10 Milliarden Euro für die nächsten 10 Jahre bereitstellen, um der Bevölkerung bei länderübergreifenden Lagen einen adäquaten Schutz bieten zu können. Das geht nur gemeinsam mit klar geregelten Zuständigkeiten, Prozessen und Strukturen.
Sei es beispielsweise durch eine Verbesserung des gemeinsamen Krisenmanagements bei länderübergreifenden Gefahren- und Schadenslagen. Sei es beim Aufbau nationaler Reserven. Oder sei es durch Maßnahmen zur Digitalisierung des gemeinsamen Krisenmanagements.
Der Antrag enthält aber auch die Bitte an die Landesregierung, sich gemeinsam mit den Ländern beim Bund für eine Präventionskampagne zur Stärkung des Gefahrenbewusstseins und zur Steigerung der Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung einzusetzen.
Zu guter Letzt möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die neuen Logistikzentren und die sogenannten Labore 5000 richten. Hierbei handelt es sich grob gesagt um kleine, mobile Zeltstädte, die in großer Geschwindigkeit errichtet und in denen Menschen versorgt werden können. Geplant sind mehrere solche voll verlegbaren Module, aufgrund seiner zentralen Lage im Nordosten Deutschlands spricht Vieles dafür, Schleswig-Holstein frühzeitig als Standort für ein solches Modul ins Gespräch zu bringen.
Als Pilotprojekt gibt es ein solches Modul bereits in Berlin, ich rege an dieser Stelle bereits an, dass der zuständige Innenausschuss zügig einen vor-Ort-Termin macht, um sich ein genaues Bild von diesem hochinteressanten Projekt zu machen.
In der Politikwissenschaft gibt es den Begriff des „windows of opportunity“. Dieses Möglichkeitsfenster ist für all jene gerade weit offen, die schon seit langem davor warnen, dass der Katastrophenschutz nicht vernachlässigt werden darf und dass die Herausforderungen in diesem Bereich demnächst vielfältiger, aber auch zahlreicher werden.
Lassen Sie uns dieses Möglichkeitsfenster nutzen!
Vielen herzlichen Dank.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel