Lockdown | | Nr. 473/20
TOP 33A: Schneller Lockdown ohne Alternative
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
was wir hier im Augenblick erleben ist Politik im wie im Zeitraffer:
Erst am Montag hat Schleswig-Holstein die 50er Inzidenz-Marke überschritten. Wir waren alarmiert, aber natürlich ist eine eintägige Überschreitung noch kein Grund, die bestehen-den Regeln grundsätzlich in Frage zu stellen.
Am Dienstag stiegen die Zahlen weiter und bundesweit hatten wir einen traurigen neuen Höchststand an Todesfällen zu verzeichnen. Das hat uns dazu gebracht, dem Gedanken an einen harten Lockdown näherzutreten.
Am Mittwoch, bei weiter steigenden Zahlen, hat der Ministerpräsident hier im Landtag genau das sehr klar und deutlich spätestens für die Zeit ab Weihnachten angekündigt.
Am gestrigen Donnerstag haben wir dann einen bundesweiten Rekordwert an Neuinfektionen verzeichnet – trotz des mittlerweile sechswöchigen Lockdown-Light. Daraufhin hat sich die Landesregierung für einen strengen Lockdown zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausgesprochen.
Am heutigen Freitag erleben wir gleich den nächsten bundesweiten Rekordwert. Knapp 30.000 Neuinfektionen bedeuten einen sprunghaften Anstieg von 6.000 Fällen ausgehend von dem ohnehin schon erhöhten Niveau der letzten Wochen.
Nach dem heutigen Bericht des Ministerpräsidenten zeichnet sich nunmehr ein Beginn des Lockdowns bereits im Laufe der kommenden Woche ab. Dessen Ausgestaltung als strenger Lockdown wird zudem zunehmend konkreter.
Man mag jetzt kritisieren, dass die Politik an fünf Tagen fünf mehr oder wenig unterschiedliche Botschaften ausgesendet hat. Tatsächlich halte ich diesen Verlauf des Entscheidungsprozess aber nahezu für mustergültig und vom Tempo her sogar für rekordverdächtig.
Es ist nicht nämlich nicht die Politik, die sich jeden Tag etwas Neues ausgedacht hat, sondern es ist die Dynamik der Pandemie, die unser Handeln bestimmt. Wir handeln fakten-basiert und es sind diese Fakten, die sich derzeit in unglaublicher Geschwindigkeit tagtäglich verändern.
Für diesen Entscheidungsprozess haben wir jetzt fünf Tage gebraucht. Dass haben andere Bundesländer nicht in fünf Wochen geschafft!
Berlin hat die 100er Inzidenz erstmal am 21. Oktober überschritten. Das ist jetzt nicht fünf, sondern 50 Tage her. Von einem harten Lockdown war trotzdem bis gestern keine Spur zu sehen. Selbst nach der gestrigen Ankündigung des Berliner Senats soll dieser erst in zwei Wochen in Kraft treten.
Aus Sachsen hieß es zwar schon am 3. Dezember, dass man notfalls im Alleingang einen harten Lockdown einführen würde. Allerdings lag die landesweite Inzidenz schon damals bei dramatischen 260 und dennoch wollte man lieber noch mal zwei Wochen abwarten, ob sich daran nicht noch von alleine etwas ändert. Das Ergebnis dieses Abwartens ist eine Inzidenz von 315 aktuell.
Bayern unterstützte bereits vor einigen Tagen die Forderung nach einem harten Lockdown, allerdings geknüpft an die Bedingung, dass die Ministerpräsidentenkonferenz das vorher bundesweit empfehlen müsse, statt das einfach selber zu beschließen.
Thüringen hat sich in den letzten zwei Wochen mit einem steilen Anstieg der Infektionszahlen auf den zweitschlechtesten Platz bundesweit vorgeschoben mit einer Inzidenz von jetzt knapp 190. Bislang war von Herrn Ramelow aber ausschließlich zu vernehmen, dass deshalb die über die Weihnachtstage geplanten Lockerungen gestrichen würden.
In Schleswig-Holstein waren die Corona-Maßnahmen dagegen schon das ganze Jahr über davon bestimmt, dass wir frühzeitig und konsequent gehandelt haben, obwohl unsere Zahlen immer deutlich niedriger lagen als im Rest der Bundesrepublik.
Gerade in dieser Woche zeigt uns nun eine repräsentative Umfrage, dass die Zufriedenheit der Menschen mit dem Corona-Krisenmanagement in keinem anderen Bundesland höher ist als in Schleswig-Holstein. Wir belegen hier noch vor Bayern, vor Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern den ersten Platz!
Das sollte uns daran bestärken, unseren Schleswig-Holsteinischen Weg weiterzugehen. Nicht erst abwarten und das Unheil seinen Lauf nehmen lassen, sondern schnell und entschieden handeln, damit die dramatisch hohen Infektionszahlen anderer Bundesländer bei uns gar nicht erst Realität werden.
Meine Damen und Herren, wir haben noch am Mittwoch hier im Plenum darüber diskutiert, ob ein bundesweiter harter Lockdown in dieser Situation angemessen ist oder ob nicht Schleswig-Holstein, aufgrund seiner vergleichsweise niedrigen Inzidenz, davon auszunehmen wäre.
Wenn wir jetzt selbst als Niedrig-Inzidenzland feststellen, dass der Anstieg bei uns so stark ist, dass wir dieser Dynamik nur mit einem strengen Lockdown begegnen können, dann erwarte ich umso mehr, dass sich die anderen Bundesländer ebenfalls für diesen klaren Kurs entscheiden.
Nur gemeinsam werden wir die Corona-Welle stoppen. Wir brauchen deshalb eine bundesweite Regelung. Das muss das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz am Wochenende sein.
Meine Damen und Herren, in der Sache hat der Ministerpräsident ansonsten alles Notwendige zu den weiteren Details gesagt.
Ich will deshalb nur noch einmal betonen, dass mit dem heutigen Bericht und der Debatte hier im Plenum des Landtages auch die Parlamentsbeteiligung vorbildlich ist.
Nachdem ich am Mittwoch noch die Begründung für die Aktuelle Stunde der SPD-Fraktion kritisiert habe, will ich ausdrücklich feststellen, dass ich den heutigen Berichtsantrag für absolut angemessen halte.
Allerdings bin ich mir auch sehr sicher, dass die Landesregierung auch ohne diesen Berichtsantrag eine Regierungserklärung abgegeben hätte.
Offener und direkter kann man solche Entscheidungen nicht kommunizieren und miteinander politisch diskutieren, als Regierung und Parlament das hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag gemeinsam tun.
Wer die Forderung nach einem strengen Lockdown nicht teilt, der hat alle Möglichkeiten diese Meinung mit einem Antrag in den Landtag einzubringen und dafür Mehrheiten zu suchen.
Geschieht dieses nicht oder findet sich dafür keine Mehrheit, stellt das die demokratische Legitimation des Handelns der Landes-regierung in keiner Weise in Frage.
Ganz im Gegenteil: Auch heute gilt einmal mehr, die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise werden nicht nur von den Jamaika-Fraktionen, sondern dankenswerter Weise auch von der Opposition aus SPD und SSW unterstützt. Eine breitere demokratische Legitimation für das Handeln unserer Landesregierung kann es kaum geben.
Meine Damen und Herren, dennoch hätten wir uns alle einen anderen Jahresausklang gewünscht und würden diese Krisensituation lieber heute als morgen hinter uns lassen.
Indem wir jetzt aber zu dem Mittel eines strengen Lockdowns greifen, ist zumindest wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Wir alle wissen, ein solcher Lockdown war im März / April erfolgreich und er war es auch in unseren europäischen Nachbarländern. Belgien hatte zwischenzeitlich eine landesweite Inzidenz von 1.000, Frankreich von 600. Beide Länder haben deshalb harte Maßnahmen ergriffen und beide Länder haben damit das Infektionsgeschehen ganz entscheidend reduziert.
Deshalb ist es richtig, dass wir jetzt genau so handeln und uns damit die Chance auf einen guten Start ins neue Jahr eröffnen.
Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen! Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel