Heimkinder | | Nr. 263/19
(TOP 28) Das Kinder- und Jugendhilferecht weiterentwickeln
Es gilt das gesprochene Wort
Anrede
Bereits in der letzten Sitzung des Landtages haben wir, die Jamaika Koalition, einen Berichtsantrag in das Plenum eingebracht, der sich intensiv mit der Situation von Pflegefamilien in Schleswig-Holstein beschäftigt.
Unter anderem fragen wir die Landesregierung nach dem Kinderschutz, nach Partizipation, der fachlichen Betreuung durch die Pflegefamilie, nach der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben, sowie nach dem Anspruch der Leistungsberechtigten und nach etwaigen Handlungsbedarfen.
Der Antrag der Kolleginnen und Kollegen der SPD greift nun einen Aspekt eines möglichen Handlungsbedarfes auf – es geht um die Frage der finanziellen Entlastung von Pflege- und Heimkindern.
Wir begrüßen die angestoßene Diskussion sehr und müssen in der Tat darüber nachdenken, inwiefern diese Regelungen einer Nachbesserung bedürfen.
Ein Großteil der Jugendlichen jobben nebenbei und verdienen sich dadurch regelmäßig Geld dazu
Was für viele von ihnen zur Finanzierung des Mofas, Smartphones oder Mobiliar für die eigene Wohnung dient, ist für Pflegekinder aus Heimen, Wohngruppen oder Pflegefamilien oftmals mehr Belastung als dass es ihnen nützt.
Laut Gesetz geht der größte Teil des erwirtschafteten Nettoeinkommens für die Jugendlichen einfach flöten, weil das Jugendamt das Geld, das verdient wurde, anrechnet.
Es wird erwartet, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene mit einem Anteil von 75% an den Kosten der Unterbringung in den jeweiligen Pflegefamilien, Heimen und Einrichtungen beteiligen.
Über die derzeit bestehende Gesetzlage kann man aber nicht besonders glücklich sein.
In Deutschland lebten im Jahr 2017 ca. 81.000 Kinder und Jugendlichen im Alter von 0 bis 18 Jahre und nochmal 10.000 junge Erwachsene zwischen 18 und 27 Jahren in Pflegefamilien, laut Auskunft der Bundesregierung.
In Schleswig-Holstein sind es um die 3000 junge Menschen, die bei Pflegeeltern wohnen.
Das zuständige Jugendamt, als Jugendhilfeträger, zahlt für den Lebensunterhalt, die Krankenhilfe, die Kosten der Sachaufwendungen, sowie für die Pflege und Erziehung des jungen Menschen, sowie Kleidung, Hygieneartikel, Fahrtkosten und Arbeitskleidung.
Während Kinder und Jugendliche 75% ihres erwirtschafteten Nettoeinkommens einsetzen müssen, beziehen die Pflegeeltern weiterhin das komplette Pflegegeld für den Leistungsbedarf.
Auf der Strecke bleibt hier der Anreiz für die jungen Menschen, für sich selbst etwas hinzuzuverdienen. Von beispielsweise 400 Euro verbleiben nur noch 100 Euro.
Es ist jedoch zu bedenken, dass bereits alle Leistungen, auch inklusive eines angemessenen Taschengelds, von den zuständigen Kostenträgern (Jugendämtern) gezahlt wurden.
Zwar gibt es auch beim Hinzuverdienen eine Ausnahmeregelung, jedoch ist diese sehr kompliziert und teilweise unklar.
Dort heißt es laut Gesetz seit 2014 :
„Eine Freistellung und Heranziehung des Verdienstes ist immer dann möglich, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die dem Zweck der Jugendhilfe dient.“
Diese Tätigkeiten sind dann jene, bei denen es um die Förderung gesellschaftlich anerkannter Tugenden, wie beispielsweise Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit geht.
Es geht hier also um Arbeit, die mit der Erziehung vereinbar ist, wie z.B. Zeitungen austragen usw.
Diese Arbeit kann anerkannt werden – kann…
Genauso wie Ferienjobs.
Allein diese Formulierungen verleiten doch gerade zu Interpretation und Auslegungen und führen unweigerlich zu Konflikten zwischen den Jugendämtern, den jungen Erwachsenen und den Pflegeeltern.
Im aktuellen Koalitionsvertrag in Berlin haben die Partner vereinbart, das Kinder- und Jugendhilferecht weiterzuentwickeln.
Im Zuge der Modernisierung des SGB VIII soll, so steht es im Koalitionsvertrag, eine Gesetzesinitiative dazu durchgeführt werden. Dazu gehört auch die Definition der „angemessenen Kostenbeteiligung der jungen Menschen in Pflegefamilien, Heimen und Einrichtungen.
Dieses Problem ist auch Gegenstand der Diskussion einer Bund-Länder-Kommission.
Beachtet werden muss auch eine Gleichstellung mit den Anforderungen des SGB II.
Zudem ist auf der Länderebene die Konnexität zu beachten.
Aktuell läuft bereits eine Abfrage dazu in den Kreisen und Kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein, um die Kostenfrage in etwa beziffern zu können.
Diskussion im Ausschuss.
Herzlichen Dank!
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Sprechen Sie uns an:
Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel