Küstenschutz | | Nr. 102/22
TOP 26 und 39: Küstenschutz ist Menschenschutz!
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich werde zunächst – etwas kürzer – auf den gemeinsamen Antrag zum Sedimentmanagement eingehen.
Die Hansestadt Hamburg hat natürlich ein hohes Interesse daran, den Zugang zum Hamburger Hafen auch für große Containerschiffe sicherzustellen. Das geschieht zum einen durch den wahrscheinlich letztmaligen Ausbau der Fahrrinne, zum anderen durch laufende und wiederkehrende Unterhaltungsmaßnahmen, um die Fahrrinne auch freizuhalten. Die Hamburg Port Authority (HPA) sollte allerdings umgehend ein langfristiges Sedimentmanagement schaffen, das diesen Namen auch verdient. Das ist bisher nicht wirklich gelungen. Ich erinnere mich an eine Vorstellung der HPA im nordfriesischen Kreistag, in der ein entsprechendes Konzept dargelegt wurde – und das ist mindestens 15 Jahre her!
Wir fordern daher von Hamburg ein belastbares Konzept in enger Abstimmung mit den Ländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein und dem Bund. Nur gut, dass die geplante Verklappung des Hafenschlicks vor Scharhorn erst einmal ausgesetzt wurde.
Meine Damen und Herren,
ich komme jetzt zum Küstenschutz in Schleswig-Holstein, ein Thema, was mir – wen wundert`s – ganz besonders am Herzen liegt.
Die Sturmflut von 1962 endete besonders in Hamburg in einer Katastrophe mit über 300 Todesopfern – das ist ziemlich genau 60 Jahre her. Und ziemlich genau 60 Jahre danach erlebten wir dieses Jahr Mitte Februar eine ähnlich hohe Sturmflut, die jedoch „nur“ zu erheblichen Sandverlusten an den sandigen Küsten führte – die Deiche sind aber kaum geschädigt worden.
Das ist ein Ergebnis des anlässlich der 62`er Flut erstmals aufgelegten Generalplanes Küstenschutz, der jetzt zum 5. Mal fortgeschrieben wird. In den letzten 60 Jahren ist viel gemacht worden für die Sicherheit der Bevölkerung an der Küste, durch Deicherhöhung, durch Warftverstärkung auf den Halligen und durch Vorlandarbeiten. Die Küstenschutzbauwerke haben sich im Großen und Ganzen bewährt – vor allen Dingen sind keine Menschen zu Schaden gekommen. Wir haben gelernt, die Deiche nicht nur höher, sondern im Profil anders zu bauen. Wir haben gelernt, dass die sandigen Küsten am wirksamsten durch wiederkehrende Sandvorspülungen gesichert werden. Und wir sollten nicht verlernen, das Vorland durch geeignete Maßnahmen zu erhalten, besser noch wachsen zu lassen.
Meine Damen und Herren,
in den letzten 10 Jahren sind in Schleswig-Holstein ca. 740 Mio. € für den Küstenschutz verwendet worden, davon etwa ein Drittel für Unterhaltungsmaßnahmen. Die Finanzierung ist maßgeblich zu ca. 50 % erfolgt über GAK-Mittel (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz), wo der Bund 70 % und das Land 30 % trägt. Das muss auch immer wieder den Bayern oder den Brandenburgern erklärt werden, dass dieses Geld vom Bund sinnvoll angelegt ist – und das ist keine Selbstverständlichkeit. Die darüber hinausgehenden Mittel werden hauptsächlich durch das Land und in geringerem Umfang von der EU getragen.
Die jährlichen Ansätze für Küstenschutz sind in den letzten fünf Jahren um etwa 20 Mio. € auf ca. 85 Mio. € erhöht worden – das ist gut so!
Der zu erwartende Meeresspielanstieg – der jüngste IPCC-Bericht spricht eine deutliche Sprache – und die veränderten schweren Sturmwetterlagen zwingen uns dazu, uns auf diese Veränderungen einzustellen.
Diese Herausforderungen bilden sich ab in dem jetzt vorliegenden Generalplan Küstenschutz. Die Deiche werden als sogenannte Klimadeiche ausgebaut mit einer Ausbaureserve, die insgesamt eine deutlich höhere Sicherheit hinter den Deichen gewährleisten soll – das ist besonders für die unter dem Meeresspiegel liegende Insel Pellworm ganz wichtig. Die auf den Halligen liegenden Warften werden in Anlehnung an die fast abgeschlossenen Modellprojekte auf Hooge, Langeneß und Nordstrandischmoor verstärkt.
Die sandigen Küsten werden weiter mit Sanddepots versorgt - die einzige Möglichkeit, um die Substanz der Inseln Amrum, Föhr und Sylt zu sichern.
Neu ist die systematische Bearbeitung der Küstenlinie in der Strategie Ostsee 2100, in der Bedarfe und geeignete Maßnahmen identifiziert und deren Umsetzung dargestellt werden.
Darüber hinaus müssen die in die Jahre gekommenen Sperr- und Schöpfwerke, aber auch die Siele und die Mitteldeiche den erhöhten Anforderungen entsprechend ausgebaut werden. Die zuständigen Wasser- und Bodenverbände benötigen dafür zusätzliche Unterstützung.
Meine Damen und Herren,
Küstenschutz ist Menschenschutz – das Ziel steht über allem. Die Inseln und Halligen sind Bollwerke gegen die Sturmfluten auch für die Festlandküste. Im Beirat Integriertes Küstenzonenmanagement (BIK) sitzen die Küsten- und Naturschützer mit der Fachbehörde dem Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) zusammen. Sie eint das gemeinsame Interesse, die Insel und Hallligen zu stärken und das Wattenmeer nicht ertrinken zu lassen. Dennoch will ich kritisch hinterfragen, das erwarten die Leute von der Küste auch – ob erstens für Küstenschutzmaßnahmen die allgemeine Ausgleichspflicht noch in die Zeit passt und zweitens der kohärente Ausgleich in der bisherigen Form zukunftsfähig ist.
Meine Damen und Herren,
insgesamt können wir mit dem vorliegenden Generalplan Küstenschutz 2022 zufrieden sein. Es hat sich bewährt, diesen Plan etwa alle 10 Jahre fortzuschreiben. Wir Küstenbewohner fühlen uns im Großen und Ganzen gut aufgehoben mit den vorgestellten Planungen. Dafür herzlichen Dank an den Minister und an seine Fachleute im Ministerium und im LKN.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel