Gesundheitliche Versorgung | | Nr. 417/23
TOP 12: Medizinische Clearingstellen in Schleswig-Holstein schaffen.
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Antrag des SSW spricht ein wichtiges Thema an: Die flächendeckende Gesundheitsversorgung aller Teile der Bevölkerung, also auch von Menschen ohne Krankenversicherung. Die vom Kollegen Dirschauer aufgeschriebenen Punkte sind aber meiner Auffassung nach keine durchdachten Lösungsmöglichkeiten, insbesondere die Ausgabe von anonymen Gesundheitskarten ist für mich völlig realitätsfern.
Seit dem 1. Januar 2009 gilt in Deutschland die allgemeine Krankenversicherungspflicht. Der größte Teil der Bevölkerung, etwa 90 Prozent, ist in der gesetzlichen Krankenversicherung, ein kleiner Teil, rund 10 Prozent, ist in einer privaten Krankenversicherung versichert. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die sich legal in Deutschland aufhalten und entgegen der Versicherungspflicht keinerlei Versicherungsschutz haben, das sind rund 80.000 Personen, besonders häufig Selbstständige, die in prekäre Situationen geraten sind und Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind.
Häufiger genutzt wird der sogenannte Notlagentarif bei privaten Krankenversicherungen oder im Bereich der GKV die Beschränkung auf minimale Leistungen, auf sogenannte ruhende Verträge.
In § 16 Absatz 3 a des Sozialgesetzbuch (SGB) V ist geregelt, dass die Krankenversicherung von gesetzlich Versicherten, die ihre Beiträge zwei Monate trotz Mahnung nicht bezahlen können, automatisch auf die minimalen Leistungen zurückgeführt wird. Der Umfang ist für PKV-Mitglieder u.a. im Paragraf 153 Versicherungsaufsichtsgesetz geregelt. Darin heißt es: „Der Notlagentarif sieht ausschließlich die Aufwendungserstattung für Leistungen vor, die zur Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind“.
Das ist also der gesetzlich definierte Leistungsumfang, den Bürgerinnen und Bürger im Notlagentarif ihrer PKV aber auch im ruhenden Zustand bei der GKV erhalten. Diese Menschen bezahlen dafür den Tarif an ihre Krankenversicherung. Insgesamt betraf das 2022 rund 750.000 Versicherte bundesweit. Dieser Leistungsumfang ist mehr oder weniger identisch mit dem Leistungsumfang nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Nun schlagen Sie vor, dass Menschen ohne Papiere, also Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, zukünftig die vollumfänglichen Regelleistungen der Krankenversicherung mit einer anonymen Gesundheitskarte in Anspruch nehmen können. Sie wollen Menschen, die sich ohne legalen Aufenthaltsstatus hier befinden, Menschen, die ggf. ausreisepflichtig sind, besser medizinisch versorgen, als die 750.000 Menschen, die hier legal leben und die sich im Nottarif befinden und dafür auch noch bezahlen? Die CDU lehnt diesen Ansatz und ihren Antrag daher insgesamt entschieden ab.
Aber das Thema der gesundheitlichen Versorgung auch für Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, ist wichtig. Wir legen ihnen daher heute einen Alternativantrag vor:
Wir wollen Menschen, die sich legal in Schleswig-Holstein aufhalten, beraten, wie der Weg zurück in die Krankenversicherung gelingen kann.
Menschen, die sich illegal in Schleswig-Holstein befinden, wollen wir über die rechtlichen Möglichkeiten informieren, damit zum Beispiel Notfallbehandlungen erfolgen können. Bestenfalls findet sich hier gleichzeitig auch ein Weg zurück in die Legalität. Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, dass dies immer wieder gelingt. Auch das muss ein Ziel sein.
Dazu wollen wir bereits bestehende Strukturen nutzen und prüfen, wie man im Land Clearingstellen etablieren kann, die diesen Auftrag erfüllen und die Beratungsleistungen erbringen. Zielsetzung ist und bleibt aber die Rückführung in das Regelsystem, soweit dieses möglich ist.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel