Regierungserklärung | | Nr. 267/21
TOP 1+4+29+31: Schleswig-Holstein ist auf dem Weg zur Stufe Grün
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
18 Monate Corona-Pandemie liegen hinter uns. Zwei Mal galt es während dieser Zeit die erheblichen Einschränkungen eines Lockdowns zu verkraften.
Mit der Entscheidung der Landesregierung haben wir seit diesem Montag jetzt aber unsere Freiheit weitestgehend wieder zurück!
Ich kann nur sagen: Das ist wirklich ein fantastisches Gefühl: Das ist pure Freude und eine riesige Erleichterung darüber, dass nun wieder die Rückkehr zu unserem normalen Leben erfolgt.
Und auch für mich, der in den Koalitionsgremien diese Entscheidung mit beraten und getroffen hat, ist das nach diesen ersten Tagen immer noch mit einem geradezu ungläubigen Staunen verbunden, was nun alles wieder möglich ist.
Die Aufhebung aller Corona-Auflagen bei Einhaltung von 3G ist dabei ja aber nur der vorläufige Schlusspunkt einer ganzen Reihe von Öffnungsschritten, die wir seit März Stück für Stück vollzogen haben:
Angefangen haben wir mit der Öffnung des Einzelhandels, für die es damals scharfe Kritik aus Hamburg gab, die sich aber als vollkommen richtig erwiesen hat.
Es folgten die Tourismusprojekte, mit denen unsere Modellregionen einen bundesweiten Bekanntheitsgewinn erreicht haben, wie es mit der besten Werbekampagne nicht gelungen wäre.
Dann die komplette Öffnung von Gastronomie und Beherbergung zu Beginn der Schulferien, so dass wir auch in diesem Jahr einen tollen Sommer mit vielen Gästen erleben konnten, was auch in diesem Jahr die Rettung für unsere Tourismusbranche gewesen sein dürfte.
Und schließlich das Veranstaltungs-Stufen-Konzept, mit dem immer mehr und immer größere Veranstaltungen möglich wurden, erst draußen und dann auch wieder drinnen, was gerade für die Kultur unendlich wichtig war.
Jetzt also die Rückkehr zum normalen Leben bei Einhaltung von 3G, also für Geimpfte, Genesene und Getestete.
Und damit nicht genug: Zum allerersten Mal überhaupt gibt es in der Corona-Ampel mit der Stufe grün die Aussicht darauf, dass auch die letzten verbliebenen Auflagen bei positiver Entwicklung entfallen können.
Dieser Stufe grün sind wir dabei deutlich näher als der Stufe rot, also möglichen erneuten Einschränkungen bzw. einer Beschränkung auf Geimpfte und Genesene in der 2G-Option.
Deutlich näher, weil die 4. Welle in Schleswig-Holstein bereits wieder abklingt. Trotz der Urlaubsrückkehrer haben wir die 50er Inzidenz nur kurz überschritten und bewegen uns jetzt schon wieder in Richtung der 30er Marke.
Und nicht nur die Inzidenz ist niedrig, sondern auch die Belegung der Intensivbetten in den Krankenhäusern: In der letzten Woche waren nur 76% der Betten belegt und damit 5 bis 15% Prozentpunkte weniger als in den anderen norddeutschen Bundesländern.
Davon wiederum waren gerade einmal rund 3% Corona-Patienten. Diese Zahlen zeigen deutlich, wie sehr sich die Situation auch in den Krankenhäusern entspannt hat.
Meine Damen und Herren, der Schlüssel zum Erfolg für diese ausgesprochen positive Entwicklung ist die hohe Impfquote in Schleswig-Holstein!
Es gibt kein größeres Bundesland, das eine höhere Impfquote aufweist als Schleswig-Holstein. Mehr als Zwei-Drittel der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sind bereits vollständig geimpft. Nimmt man die Einmal-Geimpften mit dazu liegen wir sogar bei über 70 Prozent und damit bei mehr als 2 Millionen Menschen, die in den zurück-liegenden neun Monaten bei uns im Land geimpft wurden.
Das ist eine ganz, ganz starke Leistung aller Beteiligten in den Impfzentren, in den mobilen Impfteams, der Ärztinnen und Ärzte, der Helferinnen und Helfer von Bundeswehr und Rotem Kreuz und natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums. Danke für diese Arbeit.
Noch besser wäre es sicherlich, wenn die Impfquote schon bei 80 oder sogar 85 Prozent liegen würde. Wenn wir aber noch einmal zurückdenken an die Diskussionen über die Impfterminvergabe, die wir hier vor gerade mal einem halben Jahr geführt haben, dann kommt einem das vor wie aus einer anderen Welt:
Statt zu wenig Impfstoff für zu viele Interessenten ist es heute genau umgekehrt und daran merkt man, was in dieser kurzen Zeit von sechs Monaten alles passiert ist.
Deshalb meine Damen und Herren, konnten wir uns jetzt für 3G entscheiden und müssen nicht mit 2G die Getesteten vom öffentlichen Leben ausschließen, wie es andere Bundesländer mit niedrigeren Impfquoten für sich entschieden haben.
Wieder einmal schaut die ganze Republik neidisch auf Schleswig-Holstein und staunt darüber, wie viel besser wir die Corona-Pandemie hier bei uns im Land bewältigen.
Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren. Denn in dieser Altersgruppe liegen wir mit einer Erstimpfungsquote von über 50% nicht nur weit über dem Bundesdurchschnitt, sondern sogar mit großem Abstand auf dem ersten Platz!
Und dennoch müssen wir gerade bei Kindern und Jugendlichen besonders achtsam sein, denn aufgrund der fehlenden Zulassung des Impfstoffes für Kinder unter 12 Jahren sind sie dem Risiko einer COVID-19 Infektion bislang ungeschützt ausgesetzt.
Auch wenn der Krankheitsverlauf im Regelfall deutlich milder ist, so hat leider ein kleiner Teil der erkrankten Kinder mit Long-Covid-Folgen zu kämpfen. Und das ist etwas, was ich keinem einzigen Kind und keiner Familie wünsche.
Deshalb sind wir mit der fortgesetzten Maskenpflicht im Unterricht und mit dem zweimal wöchentlichen Corona-Schnelltest an dieser Stelle weiterhin besonders vorsichtig und werden diese Maßnahmen zumindest bis Ende Oktober – also bis zwei Wochen nach den Herbstferien – fortsetzen.
Ich will aber auch sagen: Das ist trotzdem kein Dauerzustand. Das kann und darf nicht die Lösung für die Kinder sein. Anlasslose Massentests bei niedriger Inzidenz machen wenig Sinn, verursachen aber hohe Kosten. Sinnvoller wäre es anlassbezogen zu testen und in einem solchen Fall sicherlich dann auch die ganze Klasse oder sogar die ganze Schule, aber eben nicht prophylaktisch landesweit jeden zweiten Tag.
Und auch wenn die Maskenpflicht von den allermeisten Kindern und Jugendlichen gar nicht als so großes Problem angesehen wird, so ist das natürlich auch kein Dauerzustand. Auch für sie wünschen wir uns die Rückkehr zu einem normalen Schulalltag, mit ungestörter Kommunikation und sichtbarer Mimik im Klassenraum.
Die Ankündigung von Biontech, dass in wenigen Wochen, möglicherweise schon Ende September mit der Zulassung eines weniger stark dosierten Corona-Impfstoffes auch für Fünf- bis Elfjährige zu rechnen sei, macht diesbezüglich große Hoffnung.
Allerdings haben wir auch gelernt, dass es mit der Zulassung des Impfstoffes allein nicht getan ist. Die Impfung von Kindern unter 12 Jahren wird erst dann richtig in Gang kommen, wenn auch die entsprechende Empfehlung der Ständigen Impfkommission vorliegt. Und leider mussten wir auch lernen, dass es bis dahin noch etwas dauern kann. Deshalb sind wir Erwachsene aufgefordert, bis dahin für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu sorgen. Das können wir alle am besten dadurch tun, dass wir uns selbst impfen lassen.
Jetzt wo die Stiko die Impfung sogar für Schwangere und Stillende empfiehlt, muss man sich doch als gesunder Erwachsener fragen, ob sich unter diesen Umständen wirklich noch Bedenken gegenüber einer Impfung aufrechterhalten lassen. Ich finde nicht!
Und deshalb habe ich mittlerweile überhaupt kein Verständnis mehr dafür, dass Abgeordnete dieses Hauses immer noch nicht geimpft sind. Ja, es gibt keine Impflicht. Aber gerade wir Abgeordnete sollen als Vorbild mit gutem Beispiel vorangehen.
Die Risikoabwägung zwischen den Gefahren einer COVID-19 Erkrankungen und den möglichen Risiken von Impffolgen fällt mittlerweile so klar und eindeutig aus, dass allein schon für die eigene Gesundheit alles für eine Impfung spricht und erst recht, wenn man dadurch gleichzeitig auch die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schützt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch wenn wir jetzt den Paradigmenwechsel zu 3G vollziehen, Corona ist noch nicht vorbei. Jeder der sich nicht impfen lässt, wird über kurz oder lang an COVID-19 erkranken. Angesichts des bestehenden Impfangebots wäre es aber unverhältnismäßig, das öffentliche und private Leben aus diesem Grund noch länger einzuschränken. Deshalb ist der eingeschlagene Kurs der Landesregierung vollkommen richtig und wird von meiner Fraktion uneingeschränkt unterstützt.
Das gilt auch für die Entscheidung, die Lohnfortzahlung für nicht-geimpfte Ansteckungsverdächtige im Quarantänefall auslaufen zu lassen. Ebenso wie bei Schnelltests sind diese Kosten der Allgemeinheit nicht länger zumutbar. Wer sich gegen alle Empfehlungen nicht für das kostenfreie Impfangebot entscheidet, der muss dann die finanziellen Folgen seiner Entscheidung auch selbst tragen.
Bleibt am Ende nur noch ein offener Punkt, nämlich die fehlende Möglichkeit der Arbeitgeber, von ihren Beschäftigten Auskunft über ihren Impfstatus zu verlangen. In einer 3G Welt, in der alle die nicht geimpft oder genesen sind, einen tagesaktuellem Schnelltest vorlegen müssen, ist es nicht logisch, wenn die Arbeitgeber nicht wissen, ob ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle geimpft sind und ihnen lediglich zweimal die Woche einen Test ermöglichen müssen.
Ich würde mir wünschen, dass das Bundesarbeitsministerium diese Lücke möglichst schnell schließt. Vermutlich sind wir in Schleswig-Holstein aber schneller in Stufe Grün als dass das in Berlin gelingt – und das wäre dann natürlich auch eine Lösung. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel