Luftrettung | | Nr. 163/21
Die Luftrettung muss verbessert werden
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
Am 29. Dezember 2020 war im Insel Bote zu lesen:
„Sturm oder Starkregen, Nebel oder sogar Glatteis – keine Wetterlage kann auf der Straße Rettungskräfte davon abhalten, sich zu Einsatzorten vorzukämpfen.
Ganz anders ist das in der Luft. Auch für die modernsten Rettungshubschrauber ist irgendwann Schluss.
Vor allem die freie Sicht muss ausreichen.
Sobald die Wolken zu tief hängen oder gar Nebel über Land oder Meer wabert, können nur noch Kräfte zu Land oder auf Schiffen Hilfe bringen.“
Dann müssen Erkrankte mit einem Mix aus Fähren, Rettungskreuzern der DGzRS (Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger) und Rettungswagen in die Krankenhäuser transportiert werden.
Es gibt viele Beispiele:
Ein Beispiel eine Nierenkolik verbunden mit sehr starken Schmerzen. Der Himmel ist diesig und der Rettungshubschrauben kann nicht landen.
Es folgt ein Transport zur Fähre, dann eine quälende Seereise, wieder Rettungswagen und dann Krankenhaus.
Diese Prozedur kann sehr viele Stunden in Anspruch nehmen.
Oder bei einem Dreijährigen wurde eine Hirnblutung befürchtet. Er musste zwei Stunden lang am Rande eines Landeplatzes beatmen werden.
Von der Versorgung von Schwangeren auf den nordfriesischen Inseln und Halligen gar nicht zu reden.
Auf den Inseln und Hallingen sehnt man sich nach jeder Verbesserung im Rettungswesen. In Dänemark hilft man sich im Dunst längst mit einem speziellen Anflugverfahren, das Point in Space (PinS) genannt wird.
Die Helis werden präzise an einen Punkt über einem Landeplatz geführt und brauchen nur noch senkrecht runterzugehen.
Schon vor über einem Jahr hat die DRF Luftrettung einen Antrag für ein Pilotprojekt für Schleswig-Holstein entwickelt. Sie hatten die Inseln und Halligen und die Schwerpunkt-Krankenhäuser in Kiel, Flensburg und Heide in den Fokus genommen, um das Anflugverfahren zu erproben. Zur Unterstützung bei der erforderlichen Umrüstung der Helikopter und zur Schulung der Piloten wurde beim Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) eine Förderung in Höhe von mehr als 1,5 Millionen Euro beantragt.
Im Fokus stehen dabei Flüge zu Notfalleinsätzen auf den Inseln und Halligen sowie Notfallverlegungen zwischen verschiedenen Krankenhäusern in Schleswig-Holstein.
Ein erster Förderantrag für das Projekt wurde abgelehnt.
Die DRF Luftrettung ist dennoch entschlossen, den Point in Space-Ansatz voranzutreiben.
Von diesem Projekt profitiert nicht nur die genannte Modellregion, nach erfolgreicher Etablierung ist es auf ganz Deutschland erweiterbar und kann so einen entscheidenden Beitrag zu einer gesteigerten Verfügbarkeit der Luftrettung und Verbesserung der Notfallversorgung leisten.
Die Hubschrauber könnten dann noch häufiger zum Einsatz kommen, weil die Grenzen bezüglich Sichtweite und Wolkenhöhe entsprechend reguliert werden.
Insbesondere in schwer zugänglichen oder infrastrukturell schwach erschlossenen Regionen, etwa an der Küste und in ländlichen oder den Gebirgsregionen, bedeutet Point in Space einen weiteren Zeitvorteil bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten.
Ziel des angestrebten Pilotprojektes ist es deshalb, ein für alle nutzbares Verfahren zu etablieren, das in das Luftfahrt-Handbuch aufgenommen wird.
Auch in der Sitzung im Dezember 2020 hat der Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) 28 innovative Projekte für Schleswig-Holstein durchgewunken, doch die für unser Küstenland so elementare Einführung von Point in Space für Rettungsflüge in Nord- und Ostsee war nicht darunter.
Was dem GBA im fernen Berlin vielleicht nicht bewusst ist,
Deutschland hat viele Inseln, und die meisten davon befinden sich im Bundesland Schleswig-Holstein.
In Deutschland ist der Instrumentenflug für Rettungshubschrauber derzeit nur ab einer gewissen Höhe erlaubt.
Der Grund:
Erst ab dieser Höhe werden Luftfahrzeuge in der Regel vom Radar der Flugüberwachung erfasst. Unterhalb dieser definierten Grenze ist der Sichtflug für die Pilotinnen und Piloten Pflicht.
Ist die so genannte Wolkenuntergrenze zu niedrig, dürfen die Hubschrauber daher nicht starten.
Bei Nacht gelten sogar noch strengere Werte:
Befinden sich Wolken in einer Höhe von weniger als 400m,
ist ein Start der Hubschrauber derzeit nicht erlaubt.
Mit dem Point in Space-Verfahren soll die erforderliche Höhe der Wolkenuntergrenze reduziert und somit deutlich mehr Einsätze bei schlechteren Wetterbedingungen ermöglicht werden.
In anderen europäischen Ländern hat sich die Technik bereits bewährt, wie bei unseren Nachbarn in Dänemark seit 2015, in Norwegen seit 2006 und in der Schweiz seit 2011.
Dort wird mit PinS-Verfahren geflogen.
Deutschland sollte diesem Beispiel folgen!
Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel