Perspektivplan | | Nr. 089/21
TOP 1+2+3: Klarer Fahrplan für Öffnungen
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
seit Montag dieser Woche sind alle 28 Impfzentren in Schleswig-Holstein in Betrieb. Das geht einher mit stark steigenden Impfstoffmengen, die mittlerweile verfügbar sind. Allein im Monat März werden bundesweit rund 10 Millionen Impfdosen ausgeliefert. Das sind in einem Monat fast doppelt so viele, wie in den letzten zweieinhalb Monaten zusammen.
Ab nächster Woche wird bei uns in Schleswig-Holstein deshalb auch mit der Impfung in der Prioritätsgruppe 2 begonnen, wovon auch Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher profitieren werden.
Sobald Mitte März alle über 80-Jährigen einen Impftermin erhalten haben, beginnt anschließend die Terminvergabe für Personen im Alter zwischen 79 und 70 Jahren.
Auch wenn wir trotz alledem noch eine längere Wegstrecke vor uns haben, kann man glaube ich sagen: Ab dieser Woche sind wir dabei, den Wettlauf mit dem Virus zu gewinnen!
Aber damit nicht genug: Seit Dienstag letzter Woche sind die ersten Selbsttests zugelassen. Ebenso wie wir heute an jeder Supermarktkasse eine FFP-2 Maske für 99 Cent erwerben können, wird es bald auch Selbsttests für wenige Euros zu kaufen geben und das in großer Stückzahl.
Nachdem die Testkapazitäten schon mit den Schnelltests erheblich ausgeweitet werden konnten, ergeben sich mit der Einführung von Selbsttests noch ganz andere Möglichkeiten von testbasierten Öffnungsstrategien. Wenn alle Teilnehmer vorher getestet sind, dann kann im Grunde jede Einrichtung wieder geöffnet und jede Aktivität wieder zugelassen werden, sofern eine Kontrolle der Tests gewährleistet ist. Das gilt erst recht, wenn auch Spucktests verfügbar sind, womit die Durchführung der Tests noch weiter vereinfacht wird.
Ich finde, das ist eine exzellente Perspektive, um den Zeitraum zu überbrücken, bis zu dem alle Bürgerinnen und Bürger ein Impfangebot erhalten haben, also bis zum Ende des Sommers. Beides zusammen, die erfolgten Impfungen und die ausgeweitete Teststrategie mit Schnelltest, haben schon jetzt zu einem deutlichen Rückgang der Zahl der Todesfälle geführt.
Mussten wir zum Jahreswechsel und Anfang Januar vielfach 20 bis 30 Tote pro Tag in Schleswig-Holstein beklagen, so ist diese Zahl zuletzt auf einen niedrigen einstelligen Wert pro Tag gesunken. Auch wenn natürlich der Schutz der Gesundheit und von Menschenleben nach wie vor an erster Stelle bei der Pandemiebekämpfung steht, macht diese Entwicklung zugleich einen erheblichen Unterschied bei der Beurteilung der weiteren Öffnungsschritte aus. Das gilt um so mehr, wenn man berücksichtigt, dass über die Hälfte aller Todesfälle bislang auf Personen über 80 Jahre entfielen und in dieser Personengruppe nun in Kürze ein nahezu vollständiger Impfschutz erreicht ist. Es ist eine große Erleichterung zu wissen, dass diese Risikogruppe dann gut geschützt ist. Auch vor diesem Hintergrund sind deshalb weitere Öffnungsschritte möglich.
Meine Damen und Herren, bei der Aufzählung positiver Entwicklungen will ich den Fall Flensburg nicht unerwähnt lassen.
Das mag auf den ersten Blick überraschen, da in Flensburg das Infektionsgeschehen mit einer Inzidenz von aktuell 144 nach wie vor sehr hoch ist. Wir haben aber oft genug beklagt, dass andere Bundesländer in Hotspots mit Inzidenzen von über 200 nicht gehandelt haben oder erst eingegriffen haben, wenn die Inzidenz auf 300 oder 400 gestiegen war. Deshalb ist Flensburg ein gutes Beispiel dafür, dass wir es besser gemacht haben: Stadt, Kreis und Land haben gemeinsam bereits bei einer Inzidenz von unter 200 eingegriffen. Trotz der in Flensburg stark verbreiteten Mutation konnte der Anstieg der Infektionen dadurch gestoppt werden und von zuletzt 190 auf den aktuellen Wert von 144 reduziert werden. Die Einschränkungen für die Menschen in Flensburg mit anfänglicher Ausgangssperre, Kontaktverboten, weiterhin geschlossenen Schulen und Kitas sind ohne Frage hart. Diese Maßnahmen dienen aber zuallererst dem Schutz der Flensburgerinnen und Flensburger. Sie helfen zugleich auch dem ganzen Land, denn in dem Maße, in dem es gelingt, das hohe Infektionsgeschehen in Flensburg zu reduzieren, sinkt auch der landesweite Durchschnitt, was wiederum Voraussetzung für weitere Öffnungsschritte ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen weiteren positiven Fakt nennen: Das ist aus meiner Sicht die geringe Zahl von Corona-Fällen bei Schülerinnen und Schülern an den Grundschulen nach der Rückkehr zum Präsenzunterricht in der letzten Woche. Nur 16 Fälle und eine Inzidenz von 23 zeigen, dass das Risiko an Schulen deutlich geringer ist als in anderen Bereichen. Hinzu kommt, dass es meines Wissens nach zu keinerlei Ansteckungen von Mitschülerinnen und Mitschülern im Unterricht gekommen ist, sondern jeweils nur vorsorgliche Quarantänemaßnahmen ergriffen wurden. Auch das ist noch mal ein wichtiger Unterschied für die Beurteilung des Infektionsgeschehens an Schulen.
Zusammengenommen, meine Damen und Herren, spricht alles dafür, jetzt weitere Öffnungsschritte vorzunehmen. Mir war es wichtig, dies am Anfang einmal klar herauszuarbeiten. Im Grunde ist das, glaube ich, aber auch einhelliger Konsens: Das RKI, der Expertenrat der Landesregierung und auch die Bundesregierung – alle haben sich in der ein oder anderen Form für Öffnungen ausgesprochen.
Strittig war nur die Frage, zu welchem Zeitpunkt bzw. unter welchen Voraussetzungen was geöffnet werden kann. Aus Schleswig-Holstein haben wir uns dabei für einen bundesweiten Stufenplan stark gemacht, und den haben die gestrigen Bund-Länder-Beratungen nunmehr auch als Ergebnis hervorgebracht.
Das will ich an dieser Stelle zumindest einmal würdigen, bevor sich die Diskussion gleich wie selbstverständlich mit den Details dieses Stufenplans beschäftigt.
Der schleswig-holsteinische Perspektivplan war der allererste Vorschlag für einen Stufenplan überhaupt. Unsere Landesregierung hat an dem Zustandekommen dieses Stufenplans also nicht nur mitgewirkt, sondern sie war ein maßgeblicher Treiber dafür. Ohne diese Blaupause aus Schleswig-Holstein würden wir uns vermutlich immer noch von Konferenz zu Konferenz hangeln, und es gäbe keine planbare Perspektive für die nächsten Schritte darüber hinaus. Das ist seit gestern anders und das ist zunächst einmal ein grundsätzlicher positiver Punkt, über den wir uns heute freuen können.
Ein bundesweit einheitlicher Stufenplan hat natürlich immer zwei Seiten: Neben dem Vorteil einer einheitlichen Vorgehensweise hat ein bundesweit einheitlicher Plan auch zur Konsequenz, dass dieser nicht zwingend und automatisch mit allem übereinstimmen muss, was wir uns mit dem schleswig-holsteinischen Perspektivplan vorgestellt hätten.
Deshalb will ich als erstes einmal festhalten, dass die Schritte, die wir zum 1. März über die Friseure hinaus gegangen sind, also Blumenläden, Gartencenter, Nagelstudios, jetzt bundesweit nachvollzogen werden. Mit anderen Worten: Das haben wir richtig entschieden. Was letzte Woche vielleicht noch als Alleingang Schleswig-Holsteins wahrgenommen wurde, ist jetzt Common Sense.
Zweitens können wir festhalten, dass zum 8.März bundesweit einheitlich Öffnungen in Kraft treten, die an einigen Stellen sogar über das hinausgehen, was unsere Landesregierung für diesen Termin vorgeschlagen hatte: Die komplette Öffnung von körpernahen Dienstleistungen, also auch Kosmetik- und Tattoo-Studios ebenso wie die Öffnung von Fahrschulen, hatte unsere Landesregierung erst für die weiteren Öffnungsschritte im Laufe des März in Aussicht gestellt.
Der gestrige Beschluss knüpft diese Öffnung nun an das Vorliegen eines tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttests, sofern nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann. Das ist finde ich, ist eine gute und richtige Anpassung an die verbesserten Testmöglichkeiten. Unter diesen Bedingungen kann die Öffnung nun sogar 2 bis 3 Wochen früher erfolgen.
Ebenfalls zum kommenden Montag kann die Öffnung von Museen und Gedenkstätten sowie die Wiederaufnahme des Sportbetriebs von Jugendgruppen im Außenbereich stattfinden - auch dies 2-3 Wochen schneller als letzte Woche vorgeschlagen und sogar mit bis zu 20 Jugendlichen anstatt nur in 10er Gruppen. Wer von dieser Perspektive letzten Freitag schon begeistert war, der kann sich jetzt also umso mehr freuen!
Drittens dann das große Kapitel des Einzelhandels. An dieser Stelle haben wir uns eine komplette Öffnung bei einer Inzidenz unter 50 gewünscht.
Und genau das ist jetzt auch Bestandteil des gestrigen Beschlusses geworden.
Ehrlich gesagt hätte ich es nicht für möglich gehalten, diese Forderung durchzusetzen. Umso mehr kann ich unserem Ministerpräsidenten nur gratulieren und ihm meine allergrößte Anerkennung dafür zollen, dass ihm dies tatsächlich gelungen ist.
Da wir in Schleswig-Holstein eine Inzidenz von unter 50 aufweisen, werden wir von dieser Möglichkeit selbstverständlich auch Gebrauch machen. Die wahrscheinlich wichtigste Botschaft des heutigen Tages lautet daher, dass alle Geschäfte ab dem kommenden Montag wieder öffnen können. Ausgenommen bleibt ausschließlich der Bereich der Stadt Flensburg.
Das, was der Ministerpräsident letzten Freitag hier im Plenum des Landtages angekündigt hatte, wird jetzt also auch umgesetzt.
Und diese Öffnung in Schleswig-Holstein dürfte auch zu keinen Konflikten mit unseren Nachbarländern Hamburg, Niedersachen und Mecklenburg-Vorpommern führen. Denn zum einen ist es die logische Konsequenz eines inzidenzbasierten Stufenplans, dass es dort zu Öffnungen kommt, wo die Inzidenz niedrig ist. Zum anderen sieht der gestrige Beschluss ja aber auch vor, dass die Geschäfte in den anderen Bundesländern im Rahmen von „Click & Meet“ - also mit vorheriger Terminvereinbarung - wieder öffnen dürfen.
Auch in Hamburg lässt sich so in den Geschäften wieder einkaufen, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger deshalb nach Schleswig-Holstein ausweichen müssen.
Meine Damen und Herren, als vierten Punkt aus dem gestrigen Beschluss will ich hervorheben, dass in den Öffnungsschritt am 22. März die Außengastronomie einbezogen ist, so wie es Daniel Günther letzte Woche vorgeschlagen hatte.
Auch diese Öffnung kommt auf jeden Fall, nämlich entweder bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 mit der Bedingung eines tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttests, oder bei einer Inzidenz unter 50 ohne diese zusätzliche Auflage.
Auch für die Gastronomen bei uns im Land ist damit klar: Sie können damit beginnen, die erforderlichen Lebensmittel einzukaufen. Ab dem 22. März geht es mit der Außengastronomie wieder los!
Fünftens hätten wir uns riesig gefreut, wenn mit dem gestrigen Beschluss auch Perspektiven für die Innengastronomie und Hotelübernachtungen ab dem 29. März aufgezeigt worden wären.
Dazu finden sich im Papier jetzt noch keine positiven Aussagen, aber auch keine negativen. Somit besteht auf der nächsten Bund-Länder-Konferenz am 22. März erneut die Chance, hierfür eine Lösung zu finden.
Wenn unser Ministerpräsident dann wieder so erfolgreich verhandelt, wie er es gestern getan hat, dann bin ich zuversichtlich, dass das Osterreisegeschäft für unsere Tourismusbranche nicht der Pandemie zum Opfer fällt.
Der gestrige Beschluss beinhaltet dafür im Grunde auch schon den Lösungsansatz. Als Bedingung für Öffnungen wird an vielen Stellen das Vorliegen eines tagesaktuellen Schnell- oder Selbsttests vorgegeben. Das ist aus Sicht meiner Fraktion auch genau der richtige Weg, um unter den gleichen Bedingungen einen Osterurlaub zu ermöglichen.
Gerade wenn sich Ziffer 16 des Beschlusspapiers mit Quarantänemaßnahmen bei Auslandsreisen in Risikogebiete befasst, wird doch deutlich, dass es viel, viel sinnvoller wäre, den Osterurlaub lieber im eigenen Land zu verbringen.
Es kann nicht sein, dass Flugreisen ins Ausland möglich sind und gleichzeitig die Übernachtung in Hotels, Ferienwohnungen und auf Campingplätzen im Inland untersagt wird.
Als sechsten Punkt zu dem gestrigen Bund-Länder-Beschluss will ich auf einen weiteren Aspekt eingehen, der in dem Papier nicht enthalten ist, nämlich die weiteren Öffnungsschritte im Schulbereich.
Hierzu stellt der Beschluss zutreffend fest, dass die Länder in Eigenverantwortung über die sukzessive Rückkehr in den Präsenzunterricht entscheiden, so wie auch schon die vorherige MPK auf die Länderhoheit im Bildungsbereich verwiesen hatte.
Das bedeutet, dass wir wie vorgesehen auch an den Schulen die nächsten Öffnungsschritte vollziehen können:
Die 5. und 6. Klassen beginnen also am kommenden Montag wieder mit Präsenz-unterricht. Die 7. Klassen starten im Rahmen des darauffolgenden Öffnungsschritts zumindest mit Wechselunterricht.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns diese sechs Punkte anschauen, die ich gerade dargestellt habe, dann können wir mit dem gestrigen Ergebnis überaus zufrieden sein.
Bis auf den Tourismusbereich lassen sich in den nächsten drei Wochen alle Öffnungsschritte umsetzen, die unsere Landesregierung letzten Freitag vorgeschlagen und angekündigt hatte.
Meine Rede in der letzten Woche hatte ich mit den Worten geschlossen: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos.
Mit den jetzigen Beschlüssen ist sie deutlich hoffnungsvoller geworden. Wir haben jetzt einen klaren Fahrplan, der erhebliche Öffnungen bereits am kommenden Montag zulässt.
Gleichzeitig bleiben die von der Virusmutationen ausgehenden Risiken weiterhin bestehen. Die Gefahr einer dritten Welle ist unverändert latent vorhanden. Deshalb ist es nur konsequent und richtig, wenn einzelne Öffnungsschritte auch wieder zurückgenommen werden, sollte die Inzidenz erneut über 50 bzw. 100 steigen.
Auch das entspricht der Logik des schleswig-holsteinischen Perspektivplans ebenso wie dem einer Inzidenzampel. In beiden Fällen war immer klar, dass die Systematik nicht nur in eine Richtung gilt, sondern in beide Richtungen gleichermaßen.
Die jetzt angekündigten Öffnungen dürfen deshalb nicht das Signal sein, unvorsichtig zu werden und es bei der Einhaltung von Abstands- und Hygienevorschriften sowie Kontaktregeln irgendwie schleifen zu lassen. Die Pandemie ist noch nicht vorbei!
Ganz im Gegenteil: Die jetzt schrittweise zurückgewonnenen Freiheiten verteidigen wir am besten dadurch, dass wir die bestehenden Regeln um so konsequenter einhalten.
Nur drei aufeinanderfolgende Tage über der Inzidenz von 50 machen ansonsten nämlich die Öffnungen ganz schnell wieder zunichte. Das muss uns bewusst sein und entsprechend verantwortungsvoll müssen wir handeln!
Von unser aller Verhalten wird der Verlauf der nächsten Monate entscheidend abhängen, bis dann die meisten Menschen in Deutschland geimpft sind und wir hoffentlich wieder zu unserem normalen Leben zurückkehren können.
Das ist die alles entscheidende Perspektive, auf die es letztendlich ankommt! Und die dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren!
Herzlichen Dank!
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel