Verfassungsschutzbericht | | Nr. 207/20
TOP 41+69: Verfassungsschutz ist wichtiger denn je
Es gilt das gesprochene Wort!
Herr Präsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Anfang Mai legte die Landesregierung den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2019 vor. Aus meiner Sicht ist er eine hoch interessante Lektüre, denn er gibt einen guten Überblick über diejenigen Kräfte, die es mit unserer Verfassung nicht gut meinen.
Ich möchte mich daher zunächst ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes bedanken, die mit ihrer Arbeit einen unverzichtbaren Dienst für unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung und damit auch für die gesamte Gesellschaft jeden Tag leisten.
In § 1 unseres Verfassungsschutzgesetzes ist die Aufgabe klar definiert. Der Verfassungsschutz hat die Landesregierung und die zuständigen Stellen über Gefahren für die freiheitliche-demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu unterrichten - wohlgemerkt „zu unterrichten“. Er hat keine exekutiven Befugnisse und das ist auch richtig so.
Vielmehr kommt er seiner Aufgabe dadurch nach, dass er Personen, Gruppierungen und Parteien, die er als verfassungsfeindlich und sicherheitsgefährdend einstuft beobachtet, Informationen sammelt und diese auswertet. Der Verfassungsschutz ist das „Frühwarnsystem“ der Demokratie.
Deshalb ist mir auch noch einmal wichtig folgendes herauszustellen: Der Verfassungsschutz kann aufgrund der nur begrenzt vorhandenen Befugnisse unsere Demokratie nicht alleine verteidigen. Dafür sind wir alle zuständig. Der Verfassungsschutz kann uns nur helfen, zu erkennen, wo unser demokratischer Rechtsstaat angegriffen wird. Deshalb ist es auch wichtig, den Verfassungsschutzbericht ernst zu nehmen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Legt man die Verfassungsschutzberichte der letzten Jahre nebeneinander, so fällt auf, dass sich die Arbeit des Verfassungsschutzes aus der realen Welt in das Internet verlagert hat. Hier lauern mittlerweile die größten Gefahren für unsere Verfassung. Die Digitalisierung macht es den Verfassungsfeinden zunehmend leichter, ihre kruden Ideen beispielsweise über soziale Medien, Messenger-Dienste, spezielle Webseiten oder über Spielplattformen zu verbreiten. Wenn also Extremisten digitale Technologien nutzen, um neue Räume zu besetzen, dann müssen wir ihnen folgen, denn unsere Demokratie muss auch im Cyberraum wehrhaft sein.
Insofern war es klug, unseren Verfassungsschutz bereits im Jahr 2018 mit zwanzig zusätzlichen Stellen auszustatten. Die Stellen waren aber auch erforderlich, um die Aktivitäten des Verfassungsschutzes im Bereich des Rechtsextremismus zu verstärken. Der Bericht und die vielen unerträglichen Ereignisse in den vergangenen Monaten machen sehr deutlich, dass wir hier sehr wachsam sein und unseren Rechtsstaat verteidigen müssen.
Mehr als 1000 Personen gehören in Schleswig-Holstein der rechtsextremistischen Szene an. Rund ein Drittel von ihnen gelten als gewaltbereit und sie treten auch immer wieder in Erscheinung. Sei es durch Aufkleber, Musikveranstaltungen oder durch Straftaten wie Sachbeschädigungen, Bedrohungen und auch Körperverletzungen, wie sie etwa durch Mitglieder des „Aryan Circle Nord“ aus Bad Segeberg begangen wurden. Wir müssen genau hingucken, dass die Dinge uns nicht entgleiten, denn oft reiche, wie auf Seite 59 im Bericht zu lesen, nur eine Person mit konsequentem Führungswillen und mit in der Szene anerkanntem Charisma aus, um vorhandenes Personenpotential zu reaktivieren bzw. zu aktivieren. Dies zeigt, die Arbeit des Verfassungsschutzes ist wichtiger denn je.
Zumal auch der Islamismus und islamischer Terrorismus nach wie vor die Sicherheitslage maßgeblich beeinflussen. So wurden dem islamistischen Personenpotenzial in Schleswig-Holstein 2019 immerhin 715 Personen zugeordnet, von denen 650 Personen dem Bereich des Salafismus zugerechnet werden können, der besonders bei jungen Erwachsenen nach wie vor eine hohe Attraktivität aufweist. Auch hier gilt es genau hinzuschauen, da sich zum einen die Szene aus der Öffentlichkeit vorwiegend in den privaten Raum zurückzuziehe, was sie nicht minder gefährlich macht und zum anderen eine verstärkte Zusammenarbeit verschiedener islamistischer und salafistischer Vereine erkennbar sei, die sich unter anderem in überregionalen Veranstaltungen manifestiere.
Meine Damen und Herren,
aus Zeitgründen kann ich leider nicht auf die vielen anderen im Bericht genannten Gruppen weiter eingehen. Es lohnt sich aber einmal nachzulesen, was dort unter anderem zur „Roten Hilfe“, ein Verein, dessen Ansinnen es ist, Gewaltbereite in ihrem Kampf gegen die bestehende Ordnung zu stützen regelmäßig Veranstaltungen an der CAU mit dem Asta durchführt.
Lassen Sie mich noch einige wenige Worte zu dem AfD Antrag verlieren. In ihrem Antrag fordern Sie die Ächtung der linken Gewalt. Gut so! Sich gegen Linke Gewalt auszusprechen und diese zu verurteilen ist keinesfalls verwerflich. Gewalt kann und darf niemals Mittel der politischen Auseinandersetzung sein – weder von links noch von rechts.
Und genau hier liegt das Problem in Ihrem Antrag. Kein einziges Wort zu den Problemen, die wir mit der Identitären Bewegung, den Reichsbürgern oder der rechts-extremistischen Szene haben. Dies wundert mich nicht, denn dies ist das trübe Becken, in dem auch Sie fischen. Lesen Sie im Verfassungsschutzbericht nach, welche Gefahren von diesen Gruppen ausgehen.
Auch habe ich bisher keinen Antrag von Ihnen gesehen, in dem Sie sich gegen Rechtsextremismus aussprechen. Solange Sie dieses nicht tun, habe ich doch erhebliche Zweifel an der wirklichen Intention Ihres Antrages und so bleibt uns wenig anderes übrig, als diesen abzulehnen.
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Max Schmachtenberg
Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel