Wir brauchen mehr Flexibilität bei den staatlichen Rahmenbedingungen

Wir brauchen mehr Flexibilität bei den staatlichen Rahmenbedingungen

Schleswig-Holstein verfehle seine Klimaschutzziele: Es räche sich jetzt, dass die Vorgängerregierung bei uns im Land fünf Jahre gebraucht hat, um ein Energiewende- und Klimaschutzgesetz zu beschließen, welches dann nur Ziele beschrieben habe, anstatt konkrete Maßnahmen zu deren Umsetzung einzuleiten, so der Fraktionsvorsitzende Tobias Koch heute im Plenum in der Klimadebatte.

Ganz anders unter Jamaika: Bereits mit dem Bericht des vergangenen Jahres habe die Landesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen vorgeschlagen, um die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den Klimaschutzzielen zu schließen. Heute – und damit nur ein halbes Jahr nach der Debatte zum letztjährigen Bericht – würden diese Maßnahmen nun als Gesetzentwurf vorliegen und erklärtes Ziel sei es, dieses Gesetz auch noch im Jahr 2021 in Kraft treten zu lassen.

Allerdings sei das schlechte Abschneiden Schleswig-Holsteins einem statistischen Effekt geschuldet: Der CO²-Ausstoß des Kohlekraftwerkes Wedel werde der schleswig-holsteinischen Klimabilanz zugerechnet, obwohl Strom und Wärme für Hamburg bestimmt seien. Umgekehrt verbessere der in Schleswig-Holstein produzierte Windstrom - soweit er exportiert werde – nicht die Klimabilanz des Landes, sondern die der anderen Bundesländer, weil dort entsprechend weniger Kohlekraftwerke betrieben werden müssten. Deshalb habe die CDU-Fraktion immer wieder die schnellstmögliche Abschaltung des Kraftwerkes Wedel gefordert. „Hamburg darf seine Klimaziele nicht länger auf Schleswig-Holsteins Kosten erreichen!“, so Koch.

Aber auch wenn man unter Einrechnung des exportierten Windstroms zu dem Ergebnis kommen kann, dass Schleswig-Holstein seine Klimaziele im Grunde doch erreicht hat, so ist das kein Anlass sich darauf auszuruhen.

Der Blick richte sich also in die Zukunft. Mehr erneuerbarer Strom an Land: Das werde vor allem durch immer leistungsstärkere neue Windkraftanlagen gelingen – also durch Repowering. Der Ausweisung zusätzlicher Vorranggebiete für noch mehr Windkraftanlagen erteilte Koch allerdings sogleich eine Absage.  Die Erfahrung mit der jüngsten Windkraftplanung zeigten, wie aufwendig ein solches Verfahren ist, sodass zusätzliche Flächen kaum vor dem Jahr 2030 zur Verfügung stehen würden. Aufgrund der beschriebenen Systematik der Klimabilanz würde sich daraus außerdem kein zusätzlicher, positiver Effekt für Schleswig-Holstein ergeben.

Die Frage stelle sich: Was braucht es also dann an weiteren Maßnahmen?

„Erstens bedarf es nicht nur für Verkehrsinfrastrukturprojekte, sondern gerade auch für den Ausbau der Energieleitungsnetzte ein beschleunigtes Planungsrecht in Deutschland. Der in Schleswig-Holstein erzeugte Windstrom darf nicht länger abgeregelt werden, weil die Stromleitungen nicht ausreichen. Mit diesem Irrsinn muss endlich Schluss sein, damit die volle Klimawirkung zum Tragen kommt und die Stromkunden nicht länger mit Kosten für nicht produzierten Strom belastet werden.

Zweitens brauchen wir eine Befreiung der erneuerbaren Energien von der EEG-Umlage, wenn sie für die Produktion von Wasserstoff oder von synthetischen Kraftstoffen eingesetzt werden.“

Die EEG-Umlage sei eine optimale Startsubvention für erneuerbare Energien gewesen, mittlerweile aber das größte Hindernis für die dringend erforderliche Sektorenkopplung – also den Einsatz von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung oder im Verkehrssektor. Würde die in Schleswig-Holstein produzierte Strommenge aus erneuerbaren Energien mit Hilfe der Sektorenkopplung komplett bei uns im Land verbraucht werden, würden das Land heute die Klimaziele bereits übertreffen.

Drittens dürfe der Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen nicht länger auf den Flächenverbrauch angerechnet werden. Photovoltaik boome in Schleswig-Holstein, da gehe es um mehrere 1000 Hektar in den nächsten Jahren. „Das ist für das Landschaftsbild und die Nutzungskonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion nicht unproblematisch, weshalb wir Photovoltaik-Freiflächenanlagen durchaus mit der gebotenen Skepsis gegenüberstehen. Erstrecht, wenn sie in der freien Landschaft und nicht entlang von Autobahnen oder Bahnlinien errichtet werden“, so der Abgeordnete.

Viertens brauche man eine verstärkte Förderung von Energiespeichern in Privathaushalten. Und das verbunden mit einer beschleunigten Umstellung des Stromnetzes auf ein smart grid, also ein intelligentes Stromnetz inklusive des Einbaus von Smart Metern anstelle der bisherigen Stromzähler.

„Was wir dafür nicht brauchen, sind symbolische Maßnahmen wie ein Tempolimit auf Autobahnen oder ein Verbot von Kurzstreckenflügen. Beides hat schon jetzt kaum einen nennenswerten Effekt für den Klimaschutz und macht bei Elektro- und Wasserstoffautos sowie bei Flugzeugen, die mit grünem Kerosin fliegen, auch überhaupt keinen Sinn. Flüge teurer und Autofahren unangenehmer machen, ohne vorher die notwendige Alternative geschaffen zu haben, bedeutet ausschließlich einen Verlust an Mobilität und macht das Leben von Menschen einfach nur schlechter. Das ist keine zukunftsgerichtete Politik. Nicht Verbote, Auflagen und immer höhere Steuern sind deshalb die Lösung, sondern Innovation und technologischer Fortschritt verbunden mit mehr Flexibilität bei den staatlichen Rahmenbedingungen und höheren Anreizen für klimafreundliches Verhalten“, so Koch abschießend.

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