Sondersitzung des Landtags zum Jahrhunderthochwasser an der Ostseeküste

Sondersitzung des Landtags zum Jahrhunderthochwasser an der Ostseeküste

Vor zwei Wochen wurde die Ostseeküste unseres Landes in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober von einem extremen Hochwasser heimgesucht. Diese Jahrhundertsturmflut war Anlass für die heutige Sondersitzung des Landtags. Überschwemmungen, verwüstete Gebäude, beschädigte Tourismuseinrichtungen, weggespülte Strände und gebrochene Deiche: Die Sturmflut hat an vielen Teilen der Ostseeküste ein Bild der Zerstörung hinterlassen. Wie das Land den betroffenen nun schnell hilft und welche Konsequenzen dieses Ereignis für den Küstenschutz in unserem Land hat, war heute Thema der Sondersitzung des Landtags mit der Regierungserklärung von Ministerpräsident Daniel Günther und der anschließenden Debatte im Landtag.

Die durch die Flut verursachten Schäden werden auf einen dreistelligen Millionenbetrag beziffert. Mitte der Woche schätze das Land die kosten auf 200 Millionen Euro, wobei durchaus damit zu rechnen ist, dass der tatsächliche Bedarf noch höher ist und dieser Betrag in den kommenden Wochen noch steigen wird. Bereits am Mittwoch hatte sich die Landesregierung mit den Kommunen auf ein Maßnahmenpaket zum Wiederaufbau verständigt. Demnach wollen sich Land und Kommunen jeweils hälftig an den Kosten beteiligen. Darüber hinaus sollen mit einem Darlehensprogramm Überbrückungshilfen von bis zu 50.000 Euro für Betroffene, Kommunen und Unternehmen geschaffen werden. Für Härtefälle soll die Möglichkeit bestehen, Teile des Darlehens in Zuschüsse umzuwandeln.

Ministerpräsident Günther stellte in seiner Regierungserklärung aber auch die Verantwortung des Bundes heraus. Küstenschutz ist eine grundgesetzlich verbriefte Gemeinschaftsaufgabe. „Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich an der Bewältigung der Folgen dieser Naturkatastrophe finanziell beteiligt und außerdem Geld beisteuert, um den Küstenschutz an der Ostsee langfristig zu stärken", so Günther in seiner Regierungserklärung.

Für die CDU-Fraktion sprach in der Debatte der Fraktionsvorsitzende Tobias Koch. Dabei stellte Koch zum Beginn seiner Rede fest, auch wenn die Schilderungen der Ereignisse und das Maß der Zerstörung so immens seien, sei deutlich, dass das Katastrophenschutzkonzept in Schleswig-Holstein funktioniert habe, die Menschen sind rechtzeitig gewarnt worden, erforderliche Evakuierungen wurden eingeleitet und schlimmeres verhindert worden. „Krisenstäbe auf Kreis- und Landesebene haben gute Arbeit gemacht, Landräte und Landesregierung bis hin zum Ministerpräsidenten persönlich haben sich gekümmert und die Menschen nicht allein gelassen“, so Koch.

„Dem Einsatz der überwiegend ehrenamtlichen Einsatzkräfte gebührt einmal mehr unser großer Dank und unsere Anerkennung. Sie haben Unglaubliches geleistet und damit Schlimmeres verhindert. Was wären wir ohne diese Frauen und Männer, deren Arbeit man gar nicht hoch genug wertschätzen kann.“

Koch stellte dabei in seiner Rede heraus, wie schnell sich die Landesregierung ein Bild von der Lage vor Ort gemacht und direkt gehandelt habe. Bereits zwei Tage nach dem Hochwasser habe die Landesregierung mit einer Sondersitzung des Kabinetts erste Hilfsmaßnahmen auf den Weg gebracht. Nun folgen Überbrückungsdarlehen, Härtefallfonds und Wiederaufbaufonds.

Koch erinnerte in seiner Rede auch an die politische Debatte zur Versicherungspflicht für Elementarschäden. Auch hier sei das Land Vorreiter und habe schon vor einem halben Jahr im Bundesrat eine Elementarschaden-Pflichtversicherung gefordert. Die Ampel im Bund sei hier bisher jedoch untätig geblieben.

„Mein Appell geht zuallererst an die Bundesregierung aber auch die anderen Bundesländer, uns mit den Schäden dieses Jahrhunderthochwassers nicht alleine zu lassen, sondern 50% der Kosten solidarisch zu übernehmen. Genauso wie sich Schleswig-Holstein an den finanziellen Folgen der Oderflut und des Ahrtal-Hochwasser beteiligt hat, ist jetzt auch die Solidarität von Bund und Ländern mit den Ostsee-Anrainern Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gefragt“, so Koch.

Mit Blick auf den Küstenschutz sei festzustellen, dass die Landesschutzdeiche allesamt gehalten und damit ihre Schutzfunktion erfüllt hätten. Angesichts der insgesamt eingetretenen Schäden sei dies zwar nur ein schwacher Trost, aber dennoch ein positiver Umstand, der auch nicht zu gering bewertet werden dürfe. Dies zeige, dass die Küstenschutzmaßnahmen in der Verantwortung des Landes ausreichend gewesen seien, um selbst diesem Hochwasser zu begegnen.

Das Brechen mehrerer Regionaldeiche müsse nun aber einmal mehr die Frage über die Zuständigkeit für den Küstenschutz in gewissen Bereichen aufwerfen. Die grundsätzliche Bereitschaft des Landes, zur Übernahme von Regionaldeichen in Landeszuständigkeit sei dabei seit vielen Jahren gegeben, scheitere bislang aber offenbar an eigentumsrechtlichen Fragen. „Ich würde mir wünschen, dass unter den gegebenen Umständen bei allen Beteiligten die Bereitschaft wächst, hier zu konstruktiven und sachgerechten Lösungen zu kommen“, so Koch weiter.

Deutlich werde durch das Jahrhunderthochwasser jedoch auch, dass auch an der Ostseeküste im Zeichen von steigenden Meeresspiegeln und zunehmenden Extremwetterereignissen ein verstärkter, zukunftsgerichteter Küstenschutz erforderlich sei, wie er an der Nordseeküste mit den Klimaschutzdeichen bereits betrieben würde. Ein verstärkter Küstenschutz im Land könne aber nur gelingen, wenn sich der Bund zu dieser Gemeinschaftsaufgabe bekenne und zusätzliche Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verfügung stelle.

Neben Schäden an den Einrichtungen des Küstenschutzes sei auch die touristische Infrastruktur in machen Orten erheblich getroffen worden. Auch wenn diese in die Zuständigkeit der jeweiligen Kommunen falle, habe die Landesregierung von Anfang an deutlich gemacht, dass das Land die Kommunen mit diesen Schäden nicht alleine lassen werde.

„Es muss deshalb mit dem Wiederaufbaufonds darum gehen, diese Herausforderung zwischen Land und Kommunen gemeinschaftlich zu meistern. Die zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden getroffene Vereinbarung finde ich dabei so logisch und in sich schlüssig, wie man sich das anders gar nicht besser vorstellen kann“, so der Fraktionschef.

Die Verständigung zwischen Land und den Kommunen sieht vor, sich die Kosten je zu Hälfte zu teilen. Auf kommunaler Seite erfolgt wiederum eine hälftige Teilung zwischen betroffenen Standortgemeinden und der kommunalen Familie insgesamt.

Koch regte zum Ende seiner Rede an, in den kommenden Tagen fraktionsübergreifende Gespräche über die Finanzierung der Hochwasserhilfen zu führen, um möglichst bis zur regulären Landtagssitzung im November eine fertige Lösung zu erzielen.

„Meine Damen und Herren, gerade mit Blick auf die letzten Jahre mit Pandemie und Kriegsfolgen würde man sich ja wirklich wünschen, dass wir solche Krisenzeiten auch mal wieder hinter uns lassen und zur Normalität zurückkehren könnten. Andererseits haben wir in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren bewiesen, dass wir krisenfest sind, dass wir auch extreme Situation meistern, dabei zusammenstehen und nicht unseren Optimismus verlieren. Eine Sturmflut gehört dabei zu den Herausforderungen, denen wir schon seit Jahrhunderten in Schleswig-Holstein trotzen. Ich bin mir daher sicher, das wird uns auch dieses Mal wieder gelingen. Glück auf!“, so Koch.

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