Besondere Situationen erfordern auch besondere Maßnahmen.
Besondere Situationen erfordern auch besondere Maßnahmen.
Tobias Koch, Fraktionsvorsitzender, widmete sich in seiner Rede heute im Landtag den Problemen, die mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine entstanden sind.
„Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erleben wir in Deutschland eine Welle der Solidarität mit der Ukraine. Hundertausende von Menschen gehen bundesweit auf die Straße und demonstrieren gegen Putins Krieg“, so Koch.
Das gelte gleichermaßen für Schülerinnen und Schüler, die erstmals in ihrem Leben mit dieser konkreten Kriegssituation konfrontiert seien wie für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die den Zweiten Weltkrieg als Kinder selbst miterlebt hätten und niemals gedacht hätten, dass sich so etwas in Europa jemals wiederholen könne. Neben den Solidaritätsbekundungen erlebe man gleichzeitig eine Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft von noch nie da gewesenem Ausmaß.
„Das würde ich mir vom Bund gegenüber den Ländern auch wünschen. Es ist nicht zu verstehen, weshalb die Bundesregierung dazu bislang nicht in der Lage ist und erst eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden muss – schließlich sind diese Mechanismen seit der Flüchtlingskrise 2015 alle vorhanden und müssen nur wieder aktiviert werden“, kritisierte Koch das zögerliche Vorgehen der Bundesregierung.
Doch alle Solidarität mit der Ukraine und auch eine noch so große Hilfsbereitschaft den Millionen Flüchtlingen gegenüber werde aber den Krieg nicht beenden. „Putin stoppen wir damit leider nicht“, stellte der Fraktionsvorsitzende klar. Das gelte auch für die verhängten Sanktionen. Sie würden Russland hart treffen und der russischen Wirtschaft massiv schaden. Aber auch ein Staatsbankrott und leere Kaufhausregale bedeuteten nicht automatisch ein schnelles Ende dieses Krieges.
Die Sanktionen seien dennoch richtig und notwendig, damit Russland einen hohen Preis für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg bezahle. An den Verhandlungstisch werde Putin erst dann wieder zurückkehren, wenn er eine militärische Niederlage fürchten müsse. „Deshalb waren die Waffenlieferungen an die Ukraine so wichtig. Sie kamen zwar spät, aber sie waren Gott sei Dank noch nicht zu spät, denn nur so können die Ukrainer jetzt der russischen Luft- und Boden-Überlegenheit trotzen. Deshalb ist es gut, dass die Europäische Union ihre Unterstützung für Waffenkäufe auf eine Milliarde Euro verdoppelt hat. Die Amerikaner helfen mit einem Vielfachen davon. Und selbst das neutrale Schweden hat mehr Waffen geliefert als die Bundesrepublik.“
Auch auf deutscher Seite brauche es weitere Ausrüstung, Waffen und Munition, damit die Ukraine ihren Kampf für Freiheit und Demokratie gegen die russischen Aggressoren aufrechterhalten könne.
Koch: „Eine Stärkung der Bundeswehr ist dringend notwendig, um das Abschreckungspotential der NATO zu erhöhen und Putin davon abzuhalten, den Konflikt auf weitere osteuropäische Staaten auszuweiten. Unsere Zusage, jeden Angriff auf einen NATO-Partner gemeinsam abzuwehren, ist nur dann glaubwürdig, wenn wir dazu auch militärisch in der Lage sind. Gerade bei uns in Deutschland haben wir da erheblichen Nachholbedarf.“
Die Ankündigung des Bundeskanzlers von 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr und eines jährlichen Verteidigungsetats von mindestens zwei Prozent des BIP begrüße die CDU-Landtagsfraktion deshalb ausdrücklich. Die Mittel müssten jedoch vollständig der Bundeswehr zugutekommen. Und es müsse sich um zusätzliche Mittel handeln, die den Verteidigungsetat entsprechend erhöhten. Und schließlich dürfe das Sondervermögen ausschließlich für die Anschaffung von zusätzlicher Ausrüstung dienen, und nicht um Lücken im laufenden Betrieb der Bundeswehr zu schließen. Gleichzeitig müsse dies mit einer höheren Wertschätzung der Soldatinnen und Soldaten einhergehen.
Jedoch: Im gegenwärtigen Russisch-Ukrainischen Krieg sei es dagegen vollkommen richtig, dass die NATO nicht militärisch eingreife und damit einen III. Weltkrieg provoziere. Jede militärische Intervention verbiete sich angesichts der davon ausgehenden unkalkulierbaren Folgen.
„Dennoch müssen wir uns fragen, was wir noch tun können, um die Ukraine zu unterstützten und diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Tun wir wirklich genug? Tun wir wirklich alles Mögliche, was in unserer Kraft steht, um Putin zu stoppen und ihn zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen? Ich denke nicht“, so Koch.
Abhängigkeit im Bereich Energie: Ein Einfuhrstopp für russische Energielieferungen hätte schwerwiegende Folgen. Nicht nur für Privathaushalte, sondern vor allem für die Industrie. Oder sei ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3 Prozent oder vielleicht sogar um 5 Prozent der Preis, der zu zahlen sei, um einen Beitrag zum ukrainischen Freiheitskampf zu leisten? Schließlich verteidige die Ukraine nicht nur sich selbst, sondern die Freiheit aller demokratischen Länder.
Koch: „Moralisch ist die Antwort auf diese Frage sicherlich eindeutig. Aber auch praktisch ist viel mehr möglich, als bisher getan wurde: Bei Kohle und Öl existiert ein funktionierender Weltmarkt. Zumindest in diesen beiden Bereichen muss es deshalb möglich sein, sich kurzfristig von russischen Lieferungen unabhängig zu machen! Es kann nicht sein, dass wir weiterhin Kohle und Öl aus Russland beziehen, obwohl andere Bezugsquellen zur Verfügung stehen.“
Eine Verknappung des Angebots durch Verzicht auf russische Lieferungen wird dabei immer zu steigenden Preisen führen. Die Entwicklung der Energiepreise, wie wir sie derzeit an den Märkten erleben, nimmt diese Entwicklung bereits vorweg.
Damit das Leben für den Normalbürger aber bezahlbar bleibe, brauchten die Bürgerinnen und Bürger jetzt eine Entlastung bei den hohen Preisen für Benzin, Diesel und Heizöl. Die Forderung laute daher, die Energiesteuer und die Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe und Heizöl zumindest bis zum Jahresende zu reduzieren.
LNG-Terminals: Jahrelang sei diskutiert worden, jetzt wäre es am besten, wenn es bereits morgen in Betrieb gehen könnte. Die Beteiligung des Bundes über die KfW am Betreiberkonsortium sei deshalb eine gute Entscheidung. Dazu brauche es eine neue Legalplanung, also einen Gesetzbeschluss, der den Planungs-, Genehmigungs- und Vergabeprozess für dieses Projekt drastisch verkürze. Es müsse doch möglich sein, ein solches Vorhaben, das der nationalen Versorgungssicherheit diene, spätestens in zwei bis drei Jahren zu realisieren. Angesichts eines Krieges in Europa könne man sich jahrzehntelange Planungsprozesse nicht länger leisten.
Mittelplate: Genauso bestechend die Idee, die deutsche Erdölförderung durch Erschließung eines neues Förderfeldes von der Mittelplate aus zu erhöhen, um sich dadurch ein Stück weit unabhängiger von ausländischen Lieferungen zu machen.
Atomkraft: „Kaum war der Vorschlag gemacht, war die angekündigte Prüfung auch schon abgeschlossen und der Vorschlag damit wieder vom Tisch. Ich aber kann mir nicht vorstellen, dass wir Ende 2022 die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland abschalten und gleichzeitig Gaskraftwerke mit russischem Gas zur Stromerzeugung in Betrieb sind. Wenn sich die Situation am Jahresende also noch genauso dramatisch darstellt wie im Augenblick, dann darf eine Laufzeitverlängerung kein Tabu sein.“ Das gelte auch für den dauerhaften Ausbau der erneuerbaren Energien. Man müsse bei Wasserstoff-Elektrolyse, Batteriezellenspeicherung und regenerativer Energieerzeugung deutlich schneller vorankommen als bislang geplant.
Wasserstoffproduktion: Mit der größten Industrieansiedlung in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten werde Schleswig-Holstein zum absoluten Vorreiter im Transformationsprozess der Energiewende. Damit nehme man zukünftig nicht nur einen Spitzenplatz bei der Erzeugung von erneuerbarem Strom ein, sondern nutze Windenergie, um damit Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen vor Ort zu generieren.
Im Zeichen der Energiewende hat Schleswig-Holstein das Potential, zum klimaneutralen Industrieland aufzusteigen. Diese Chance gilt es jetzt mit beiden Händen zu ergreifen.
Repowering: Unter dem Aspekt der Energiesouveränität, der Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen haben wir diese Zeit aber nicht – und deshalb müssen wir auch an dieser Stelle völlig neu denken und zu unkonventionellen Lösungen bereit sein.
Landwirtschaft: Die Ukraine sei der fünftgrößte Weizenexporteur der Welt mit einem Marktanteil von rund 8 Prozent. Es stehe zu befürchten, dass die komplette Ernte dieses Jahres ausfalle, da mitten im Krieg weder gesät noch geerntet werden könne.
Der Ukraine-Krieg besitze das Potential einer weltweiten Nahrungsverknappung, die in vielen Teilen der Erde auch zu Hungersnöten führen könnte. Deshalb müsse man nicht nur in der Energieversorgung, sondern auch bei der Nahrungsmittelproduktion völlig neu denken. Die im Rahmen der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik geforderte vierprozentige Flächenstilllegung passe da einfach nicht mehr in die Zeit.
Photovoltaik: Aus dem gleichen Grund müsse man beim Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik sehr darauf aufpassen, dass dieses nicht zu Lasten guter Ackerböden gehe. Die Erzeugung erneuerbarer Energien dürfe nicht zu Lasten der Ernährung erfolgen.
Der russische Angriff auf die Ukraine habe alles verändert. Er habe nicht nur die Sicherheitsarchitektur in Europa zerstört, er betreffe uns mit der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen, bei Energiepreisen, bei Nahrungsmitteln und vielem mehr ganz direkt persönlich.
Koch abschließend: „Besondere Situationen erfordern auch besondere Maßnahmen. Lassen sie uns diese mutig angehen, dann werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen meistern - mögen sie auch noch so schwer sein.“